Der herabgelassene Taufengel von Pronstorf
Nein, er ist kein gefallener Engel. Er steigt zu besonderen Anlässen herab bis fast auf die Erde. Genauer gesagt: Er wird herabgelassen. Am heutigen Ostersonntag hatte der Taufengel in unserer kleinen Vicelinkirche in Pronstorf (Kreis Segeberg, Schleswig-Holstein) wieder seinen großen Auftritt. Denn im Ostergottesdienst wurden zwei Kinder getauft. Der Taufengel, einer der letzten seiner Art, ist weit über die Grenzen der kleinen Gemeinde Pronstorf bekannt.
Es ist etwas ganz besonderes, wenn der Taufengel herabgelassen wird. Nur zu Taufen schwebt er nieder, dann wird die Schale in seinen Händen mit Wasser gefüllt, und vor allem die Kinder stehen staunend vor dem Engel.
Taufengel im Stil des Barock
Wie viele Kirchen ist auch die spätromanische Vicelinkirche von Pronstorf, 1198 erstmals erwähnt, im Barock neu ausgestattet worden. Altar und Kanzel tragen deutlich sichtbar die Handschrift dieser Stilrichtung. Und auch der Taufengel ist im Stil des Barock gehalten. Der damalige Pastor Hartung schenkte ihn 1751 der Gemeinde. Seit 1993 wird der Engel wieder bei Taufen benutzt.
Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Taufengel in evangelisch-lutherischen Kirchen in Deutschland und Skandinavien sehr beliebt und verbreitet. Neben den schwebenden Engel gab es auch stehende oder kniende, die das Becken auf dem Kopf trugen oder es in die Höhe stemmten. In der Aufklärung waren die Engel jedoch umstritten, sie wurden aus vielen Kirchen entfernt. Deshalb sind sie heute nur noch in wenigen Kirchen zu finden.
Füße, nicht zum Stehen gemacht
Unser Pronstorfer Taufengel trägt ein goldenes Gewand, das ihn umweht. Er hat die Flügel ausgebreitet und hält die Füße wie nach einem Sprung. Auf jeden Fall zeigt seine Haltung, dass er nicht zu landen gedenkt. Und so wird er nach der Taufe wieder in die Höhe gezogen, wo er über die Kirche wacht und auf seinen nächsten Einsatz wartet.
So weit unten ist erkennbar, dass der Engel Akne hat. Oder anders ausgedrückt: Die Spuren der Zeit haben an ihm ihre Spuren hinterlassen. Das nimmt ihm aber nicht den Zauber, den er auf die Gemeinde und vor allem auf die Kinder ausübt.