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Das kann nicht weg, das ist Kunst

Das war schon ein schräger Vogel, dieser Ásgeir Jón Emilsson, genannt Geiri. In seinem Häuschen hat er fast alles gesammelt, was ihm gefiel. Aber als er 1999 starb, kam eben kein Container, um darin sein Hab und Gut zu entsorgen. Es hätte gut passieren können. Heute gilt das, was andere für altmodischen Kitsch und wertlosen Schnickschnack halten würden, als Kunst. Der Außenseiterkünstler von Island – seine Landsleute sind stolz auf ihn und haben sein Haus zum Museum gemacht.

Das Geirahùs in  Seyðisfjörður
Das Geirahùs in Seyðisfjörður

In Seyðisfjörður im Osten Islands steht ein kleines Häuschen, wie es sonst keines gibt in dieser Region und anderswo auch nicht. Das Dach tief in die Augen gezogen, die Haut mit Tattoos verziert, das ganze Aussehen ein wenig schief – so könnte man es charakterisieren. Eine kleine Tafel am Eingang verweist darauf, dass hier nicht die Behausung eines Chaoten steht, sondern ein Künstlerdomizil. Geiris Haus ist von innen so verschroben wie von außen – und doch zeigt es eindrucksvoll, welche Art von Außenseiter-Künstler dieser Mann war.

Ásgeir Jón Emilsson, genannt Geiri
Ásgeir Jón Emilsson, genannt Geiri

1931 als jüngstes von elf Geschwistern geboren, arbeitete Geiri Jahrzehnte lang als Fischer. Die letzten 20 Jahre seines Lebens wohnte er in dem bunten Häuschen in Seyðisfjörður, einem 700-Einwohner-Städtchen. Auf einem Ohr taub, auf einem Auge blind, wirkte er immer ein wenig zurückgeblieben. Mit seinem schwarzen, später grauen Bart wirkte er auf Kinder manchmal Furcht erregend. Doch wer ihn kannte erzählt, er habe oft und gern gelacht.

Geiris Küche
Geiris Küche

Geiri, der nie verheiratet war, war ein Fan der Frauen. Das zeigt die Inneneinrichtung seines Häuschens sehr deutlich. Die Türen seiner Küchenschränke hat er mit Pin-up-Girls bemalt. Wohndekoration nach Art von Geiri. Der Mann, der so schön Frauen malen konnte, hat sich aber auch dem Malen nach Zahlen gewidmet. Davon künden Kitschbilder im Wohnzimmer. Seine große Passion aber war es, aus metallenen Getränkedosen und leeren Zigarettenschachteln filigrane Gegenstände zu basteln und Bilderrahmen. Auch seine Krone hat er selbst gemacht. Damit fühlte er sich als König in seinem eigenen kleinen Königreich.  „Seine Werke wurden schon in Reykjavik gezeigt, und jetzt gab es sogar eine Ausstellung in Australien“, berichtet Ólafia Maria Gisladóttir, die Stadtführerin von Seyðisfjörður, nicht ohne Stolz.

 Ólafia Maria Gisladóttir mit Geiris Krone
Ólafia Maria Gisladóttir mit Geiris Krone
Das Wohnzimmer
Das Wohnzimmer
Geiris Arbeitstisch mit aus Zigarettenschachteln gefertigten runden Rahmen
Geiris Arbeitstisch mit aus Zigarettenschachteln gefertigten runden Rahmen
Malen nach Zahlen - auch eine von Geiris Leidenschaften
Malen nach Zahlen – auch eine von Geiris Leidenschaften

Als Geiri starb, blieb sein Häuschen so, wie es war. Heute ist es ein kleines Museum, in das höchstens fünf Leute auf einmal dürfen, um die verschrobene, bunte Welt von Geiri zu betrachten. In Deutschland ist der Außenseiter-Künstler von Seyðisfjörður unbekannt. Dass sein Lebenswerk und sein Häuschen erhalten geblieben sind, liegt vielleicht an der entspannten und freundlichen Art der Isländer, mit den Spleens ihrer Mitmenschen umzugehen. Wer weiß: Hierzulande hätten die Erben vielleicht einen Container kommen lassen, um die Kunst des Ásgeir Jón Emilsson entsorgen zu lassen. Es wäre schade gewesen.

Der Artikel über Geiris ist der ersten von einigen, die ich nach meiner Islandreise schreiben werde. Wer mehr über dieses faszinierende Land lesen möchte: Auf offenesblog.de gibt es zurzeit eine Artikelserie dazu.

Mehr über Geiris Leben und das Museum gibt es hier zu lesen.

Wer eine Islandreise plant, ist auf der Messe Reisen-Hamburg vom 6. bis 10. Februar 2013 genau richtig. Island ist das Partnerland der Messe und mit vielen Informationen vertreten.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

Ein Kommentar

  • Alex

    Hallo Frau Pyrolim! :D
    Danke für die Erwähnung hier im Artikel. Und ja… Island ist faszinierend und ist jeden einzelnen Artikel wert, den ich derzeit darüber verfasse. Allerdings neigt es nach fast einer kompletten Woche so langsam dem Ende zu bei mir. Nichtdestotrotz werden am Ende ganze 8 Artikel zusammen gekommen sein.
    Ich hoffe für dich, dass du nächstes Mal länger, als nur 4 Tage „da oben“ bleiben wirst.
    Angenehmes Wochenende dir und beste Grüße,
    Alex

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