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Schwurbeldeutsch in der Musik: Instrumentalismen und Ausblühung

Sage niemand, verquastes und verschwurbeltes Deutsch sei eine Erscheinung unserer Zeit. Auch vor einigen Jahrzehnten gab es das schon, obwohl es nicht so oft vorkam. Besonders das Feuilleton und vor allem Autoren für Texte zur klassischen Musik haben sich schon immer durch blumige Formulierungen und geschwollene Wortwahl hervorgetan.

Sätze wie diesen muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:

„In der Tat ist Rheinbergers Musik von abgeklärter, innerlicher ,Modernität‘, und die zahlreich in Erscheinung tretenden Instrumentalismen beweisen, dass dem Komponisten nichts ferner lag, als berechnendes Archaisieren.“

Der Satz stammt aus dem Vorwort zu einer Messe von Josef Gabriel Rheinberger. Geschrieben wurde dieses Vorwort 1986, und der Leser fragt sich, was er mit dieser Aussage anfangen soll. Zitiert wird unter anderem ein Musikwissenschaftler, der meint, der Kopfsatz dieses Werkes könne man sich als „ideale Ausblühung des spätrömischen Stils“ denken. Aha. Weitere Experten werden zitiert, die „einen kaum merklichen Anhauch von Klassizität“ wahrnehmen und eine „immanent homophone Diktion der Polyphonie“ feststellen.

Zugegeben, es ist ein Fachtext, doch er steht als Vorwort vor einer Notenausgabe, die sich auch an Laien wendet. Was sollen sie mit solchen Sätzen anfangen? Stets beschleicht einen dabei der Verdacht, dass geschwollene Sprache als Ausweis besonderer Fachkunde verstanden wird. Was für ein Irrtum. Kompliziertes schlicht und verständlich zu formulieren, ist die wahre Kunst. Der Leser dankt dem Schreiber diese Mühe.

Dass sich viele Autoren, die über Musik schreiben, dieser Mühe nicht unterziehen, habe ich schon als Jugendliche in den Musikkritiken meiner Heimatzeitung gesehen. Was wollte der Rezensent da nicht alles in der Musik gehört haben, für das er keine Worte fand und deshalb auf Naturbeschreibungen zurückgriff. Da jubilierten Vögel, wo in Wahrheit Geigen jubilierten. Dabei gilt vor allem eines: Eine gute Musikkritik muss vor allem verständlich sein. Womit ich wieder beim Thema wäre: Einfach, schlicht und verständlich schreiben ist Pflicht, nicht nur bei Musikkritiken, sondern auch bei Texten über Musik.

Zum Schluss gibt es noch etwas ganz besonderes: „Musik – mit allem und viel scharf“ präsentiert uns eine sehr vergnügliche Konzertkritik in fünf Stilen.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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