„Herzliche Einladung“: Die beliebteste Kirchenfloskel

Am Ostermontag darf man schon mal über die Kirchen lästern. Ist ja kein richtiges Lästern, sondern nur ein sprachliches. Was sind außer Gott, Jesus, Amen und Halleluja die häufigsten Wörter in Kirchengemeinden? Ganz einfach: herzliche und Einladung.

Als Lokalredakteurin bekomme ich jede Woche diverse Pressemeldungen von Kirchengemeinden. Da geht es um Seniorennachmittage, Konzerte, besondere Gottesdienstes, Passionsandachten (bis vergangene Woche) und Gemeindefeste. Abgesehen davon, dass die immer in der Wir-Form und der Uns-Form geschrieben sind, enthalten sie stets zwei Wörter, auf die offenbar kein Mitarbeiter einer Kirchengemeinde verzichten kann: herzliche Einladung.

Keine Gemeinde ohne herzliche Einladung

Das kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Es gibt diese Floskel gesprochen und geschrieben, bei den Abkündigungen und im Gemeindebrief. Wer bei Google die Worte Gemeindebrief, herzliche und Einladung eingibt, kommt auf um die 216 000 Ergebnisse. Und da sind die gesprochenen herzlichen Einladungen noch gar nicht dabei.

Ich warte immer noch auf die Kirchengemeinde, die mich mal mit etwas anderem überrascht. Aber da muss ich wohl lange warten.

Es ist übrigens kein Wunder, dass die Pressemitteilungen von Kirchengemeinden immer klingen, als seien sie für den Gemeindebrief geschrieben. Ich wette, in 90 Prozent der Fälle ist es einfach der dafür vorgesehene Text, der per Copy and paste in eine Mail gekippt und an die örtliche Lokalredaktion geschickt wird.

Einfach kopieren – fertig

Dass das auch bei anderen Veranstaltern üblich ist, habe ich gerade erlebt. Auf meine Kritik hin, in eine Ankündigung für ein Konzert gehörten Sätze wie „Wir freuen uns, Sie zu einem musikalischen Abend begrüßen zu dürfen“ nicht hinein, weil das in der Zeitung steht und die sich nicht freut, bekam ich die Antwort: „Das ist der Text für unsere Homepage, den habe ich einfach kopiert.“ Klar, hatte ich mir schon gedacht.

Immerhin war’s ein durchgeschriebener Text, den ich in der Redaktion nur noch ein bisschen redigiert habe. Und es fehlten zwei Wörter, die mich sofort erkennen ließen, dass es keine kirchliche Veranstaltung war: herzliche Einladung.

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