Dieser eine kleine Fehler

Es ist immer das gleiche: Kaum ist ein Text fertig, steht online oder in der Zeitung, guckt er frech um die Ecke. Der eine kleine Fehler, der in jedem, wirklich jedem Text zu finden ist. Den fehlerfreien Text, es gibt ihn nicht.

Ich schreibe seit über 30 Jahren Texte. Erst auf der Schreibmaschine, dann Jahrzehnte auf Rechnern aller Art. Spätestens mit Einführung der Computer kamen die Rechtschreibprogramme auf. Fehler wurden angezeigt. Das macht manches leichter, doch was bleibt, ist immer mindestens ein kleiner Fehler, der nach der Veröffentlichung hämisch sein Gesicht zeigt. Er entzieht sich jeder Rechtschreibprüfung, jedem Korrekturlesen, jedem nochmaligen Korrekturlesen. Wie macht er das?

Ich weiß es nicht. Ich weiß aber, welcher Tricks er sich bedient. Er ersetzt einfach einen Buchstaben durch einen anderen, aber so geschickt, dass er jedes Korrekturprogramm täuscht. Er ist nicht blöd, der kleine Fehler. Er macht aus einem mir ein mit, eine Finte, die er besonders gern anwendet. Aus Stil macht der Stiel, und das muss nicht falsch sein, wenn es der Pappenstiel ist, ist aber falsch, wenn es um Stilfragen geht. Wenn der Autor statt Autor Auto schreibt, hat der kleine Fehler jede automatische Kontrolle ausgetrickst. Ganz beliebt sind das und dass, was entweder ein Tippfehler oder eine Schlampigkeit ist und was kein Rechtschreibprogramm enttarnt. Ganz beliebt sind Fehler beim Konjugieren und Deklinieren. Gerade eben hat der kleine Fehler sind oben beinahe unbemerkt eingeschlichen. Ich schrieb „Jahrzehnte auf Rechner aller Art“. Puh, gerade noch gemerkt und den Rechnern ein n gegönnt.

Der eine kleine Fehler lässt übrigens gern seine Kollegen aufmarschieren. Nach meiner Erfahrung ist die Gefahr, Fehler zu machen, größer, je kürzer der Text ist. Liegt es an der mangelnden Sorgfalt, die wir kurzen Notizen angedeihen lassen? Oder wie schafft es der kleine Fehler sonst, sich in kurze Text zu mogeln, in langen aber eher selten aufzutreten? Er verrät es mir nicht.

Lieber kleiner Fehler, mach‘ doch mal Urlaub. Lass mich einfach mal eine Zeitlang fehlerfrei vor mich hin schreiben. Oder noch besser: Setzt dich ein für allemal zur Ruhe.

So, und jetzt mache ich mich daran, Fehler aus Texten dieses Blogs zu entfernen, die ich erst im Nachhinein entdeckt habe. Achtung, kleiner Fehler, ich komme!

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4 Kommentare

  1. Ich muss grinsen. Immer diese kleinen „Fähler“. Als ich neulich „Härbst“ schrieb und auf den Fehler aufmerksam gemacht wurde, konnte ich diese Schreibweise mit „das ist schlesisch“ begründen, zumal ein Vers von Dieter Hildebrandt folgte. Eine andere beliebte Begründung ist, dass meine Tastatur ein Eigenleben führt. Wer kennt nicht dieses Phänomen, dass der PC etwas anderes macht als man will. Das Argument, dass in 99 % aller Fälle der Fehler vor dem PC sitzt, lasse ich nicht gelten und berufe mich auf das verbleibende eine Prozent. Mit all dem kann ich leben. Nur wenn ich beim Lesen sehe, wie oft „als“ und „wie“ oder „das Gleiche“ und „dasselbe“ verwechselt werden, auch von der schreibenden Zunft, legt sich meine Stirn in die ein oder andere Falte.
    Grüße aus Scharbeutz

    1. Lieber Sven,
      ich gehe mal davon aus, dass ich die 99 Prozent bin, die für Fehler verantwortlich ist. Selbst die, die der PC macht, müsste ich finden und ändern. Also: 100 Prozent ich, null Prozent die Technik.
      LG, Susanne

  2. Kenne ich, Susanne. ^^ Kommt mir äußerst bekannt vor. Ich kopiere mir daher oft meinen Text vor dem letzten Korrekturlesen in eine andere Schriftart. Dadurch schaue ich wieder genauer hin. Selbst dann wird irgendwo etwas sein, was überlebt.

    Mir geht es komischerweise durch die Rechtschreibreform so, dass ich seither und leider anhaltend meine kleinen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit bestimmten Gummibandregeln à la „kann jetzt so oder so, sollte jedoch vorzugsweise die und die Schreibweise erhalten“ habe. Wohlgemerkt, Probleme beim störungsfreien Lesen! Ich bleibe in (fremden) Texten an solchen Stellen hängen. Sinne kurz darüber nach. Sogar bei deinem obigen Text erging es mir so.

    Fehler lassen sich nie ganz ausschalten. Doch solange der Fehlerquotient extrem niedrig ist, kann ich als Leser damit leben. Sonst macht es mich zugegebenermaßen kirre. Und als Autor stört es mich wesentlich mehr, sie in eigenen Texten zu entdecken.

    LG Michèle

    1. Liebe Michèle,
      danke für Deinen Kommentar. Ja, so geht es mir auch, die eigenen Fehler stören mich mehr als andere, wenn sie anderswo nicht gehäuft auftreten.
      Den Text in eine Schriftart zu setzen, habe ich noch nicht ausprobiert, ist vielleicht ein guter Trick. Hilfreich ist es auch, Texte noch ein wenig liegenzulassen und sie dann noch einmal durchzuforsten. Aber nicht immer hat man die Zeit dazu, ich jedenfalls nicht im Tageszeitungsgeschäft. Beim eigenen Blog sieht das schon anders aus.
      LG, Susanne

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