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Aktuell nervt mich das Wort aktuell

Ein kleines Wörtchen nervt mich zunehmend: aktuell. Was ist aktuell? Laut Definition hat das Wort zwei Bedeutungen: entweder „gegenwärtig existierend, vorhanden“ oder „zeitgemäß und modern“. Wir Zeitungsleute kennen noch eine andere: Aktuell ist ein Medium, wenn es schnell, möglichst umgehend Nachrichten veröffentlicht und sie nicht noch ein paar Stunden oder Tage liegen lässt. Oft aber lässt sich das Wort aktuell einfach weglassen, ohne dass sich die Bedeutung verändert.

Beispiele gefällig? Gerade habe ich diesen Satz gelesen: „Aktuell besuchen 450 Schüler die Schule.“ Was ändert sich, wenn ich lese „450 Schüler besuchen die Schule“? Gar nichts. Jedem Leser ist klar, dass ich die derzeitige Schülerzahl benenne und nicht die vom vergangenen Jahr oder gar von vor zehn Jahren. „Aktuell sucht der Verein neue Mitglieder.“ Auch so ein Beispiel. „Der Verein sucht neue Mitglieder“ tut es doch auch, oder entsteht dabei ein Missverständnis? Keineswegs.

In anderen Fällen lässt sich das Wort aktuell problemlos ersetzen. „Aktuell wird meine Homepage überarbeitet.“ „Meine Homepage wird gerade überarbeitet“, gefällt mir viel besser, nicht nur weil aktuell durch gerade ersetzt wird – zurzeit ginge ebenfalls -, sondern auch weil der Satz umgestellt, die Satzstellung angenehmer ist. Abgesehen davon: „Meine Homepage wird aktuell überarbeitet“, hätte zwar dieselbe Satzstellung, aber eine mögliche zweite Bedeutung. Etwa im Sinne von zeitgemäß und modern.

Aktuell ist für mich nur dann richtig, wenn es um Nachrichten geht oder um – Achtung – aktuelle Preise: Der aktuelle Goldpreis – das geht. Schöner wäre aber noch „Der Goldpreis beträgt heute . . .“ oder „Der Goldpreis beträgt zur Stunde . . .“ Was gar nicht geht und was es tatsächlich gibt: „Wie ist die aktuelle Uhrzeit.“ Das ist bemüht, geschwurbelt, verkrampft. Wer spricht aktuell so?

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Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

3 Kommentare

  • Atalaya

    Bei der Wendung „meine Homepage wird gerade bearbeitet“ ist „gerade“ ebenso überflüssig wie „aktuell“. Zudem ist die Aussage logisch falsch, weil sie eben nicht in jedem Augenblich bearbeitet wird, wo Augen eines Benutzers auf die Homepage blicken.

    Auch ist der Gebrauch von „aktuell“ bei Nachrichten oder Preisen keineswegs angebracht. Nachrichten sind stets aktuell, sonst wären sie keine Nachrichten. Und für Preise gilt dasselbe, wenn es nicht um historische Preise im Vergleich zu Ist-Preisen geht.

    Redundanz grassiert heute überall. Ein Radiosender wirbt seit Jahren damit, den „aktuellsten“ Verkehrsservice (dabei würde ich an ein Bordell denken) zu haben. Da geht offenbar noch was – und zwar möglichst „asapst“.

    • Susanne

      Hallo Atalaya,
      stimmt genau, wobei wir bei der Homepage natürlich nicht wissen, ob nicht gerade eben daran gearbeitet wird. Bei Nachrichten hast Du völlig Recht, und auch an anderen Stellen lässt sich aktuell streichen. Was den Verkehrsfunk angeht, widme ich dem bald einen eigenen Beitrag. Was es da alles gibt, nervt mich – nicht nur aktuell.

      • Atalaya

        Der Verkehrsfunk platzt auch vor Redundanzen. Man merkt noch manchmal – wenn sich nämlich die Staus derart häufen, dass die Sprecher kürzen müssen -, dass es auch anders geht – so wie früher: dann lassen sie nämlich die sonst stets verwendete „Richtung“ weg: z.B. „A1 Dortmund Richtung Münster“. Wer würde denn bitte auf die Idee kommen, dass „A1 Dortmund Münster“ die Richtung von Münster nach Dortmund bezeichnete?

        Bei der Bahn fahren die Züge übrigens alle nur in Richtung XY, nicht etwa nach XY. Der Sprachkritikaster fragt sich, ob sie da denn auch ankommen und würde dies – bei der mittlerweile fast schon sprichwörtlichen Unzuverlässigkeit der Bahn – gern für Absicht halten, wenn nicht das sonstige Gesabbel der Zugbegleiter ebenso groteske Züge trüge.

        Da wird man beim „gastronomischen Service“ (gemeint ist der Speisewagen bzw. das sogenannte Bord-Bistro) stets „gerne erwartet“ (man hofft wahrscheinlich, dass keiner kommt), man wird gebeten, in Fahrtrichtung links oder rechts auszusteigen, als ob links oder rechts nicht reichen würde, man spricht von Unterwegsbahnhöfen (statt von Stationen), redet von „Abfahrtszeit“ statt von „Abfahrt“ (das wird dann im Bahn-Englisch zu „departure time“), meist noch mit einem „planmäßig“ vornweg und dies nicht etwa, weil es bei der Bahn selten plangemäß zugeht.

        Oder man wird gebeten, „beim Ausstieg“ in XY Hbf auch auf die „örtlichen“ Lautsprecheransagen „auf dem Bahnsteig“ zu achten.

        Noch schlimmer ist das „Englisch“ der „Zugbegleiter“ (so schnell können die im Traum nicht rennen). Ich hatte dem DB-Manager vor 16 Jahren angeboten, dieses Kauderwelsch zu entwirren und den Leuten beizubringen, wie es richtig heißen müsste. Er hatte Interesse, aber „sein Team“ meinte, das im Griff zu haben.

        Geändert hat sich nichts. Die allermeisten „Zugbegleiter“ sagen immer noch „we now arrive XY Hbf“. Und „Thank you for choosing Deutsche Bahn today“ (wann sonst?) ist auch nicht besser als das frühere „Thank you for traveling with Deutsche Bahn“ (statt „Thanks for riding Deutsche Bahn“). Oder sie sagen „we will inform you about your connections „ahead of time““ (statt z.B. „in due time/course“), weil wahrscheinlich irgendeiner dieser Hornochsen im Internet nach einer Übersetzung für „rechtzeitig“ gesucht hat und ihm diese Wendung besonders schön vorgekommen ist. Bei den englischen Zeitansagen am Bahnsteig haben sie sich übrigens (so zumindest meine Erfahrung in FFM) an den Zeitangaben beim U.S.-Militär orientiert. Da fahren die Züge dann z.B. 1915 ab (also 7.15 PM).

        Im öffentlichen Raum zu lesen und hören zu müssen, ist für einen Sprachkritikaster wie mich (die Amis nennen so jemanden auch einen „grammar Nazi“) wirklich kein Vergnügen.

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