Touchiert oder gerammt: die Worte im Unfallbericht
Wörter machen Stimmung. Das ist unbestritten. Wenn im Unfallbericht das Wort touchiert vorkommt, klingt das harmloser, als es ist. Ein Plädoyer für mehr Sorgsamkeit beim Schreiben.
Touchiert klingt harmlos. Nach zartem Anklopfen, leichtem Berühren. Warum also hat es oft so gravierende, manchmal tödliche Folgen, wenn ein Fahrzeug einen Radfahrer oder Fußgänger touchiert? So steht es in vielen Unfallberichten, ob von Polizeipressestellen oder von Medien, die diese verarbeiten und veröffentlichen. So lautet eine Schlagzeile vom NDR: „Auto touchiert Radfahrer: 82-Jähriger stirbt nach Sturz.“
In diesem Fall war es der Außenspiegel, der den Radfahrer berührte und den Sturz herbeiführte. Da lässt sich das Wort touchiert vielleicht gerade noch vertreten. Etwas anders sieht es aus, wenn das Auto, schlimmer noch ein Lastwagen, einen Radfahrer oder Fußgänger frontal oder beim Abbiegen touchiert, sprich rammt. Das endet oft genug tödlich.
Touchiert verharmlost das Geschehen
Fuß- und Radverkehrsaktivisten kritisieren, Medien berichteten über Unfälle oft verharmlosend. Ich kann ihnen nur zustimmen, auch ohne Aktivistin zu sein. Als Journalistin weiß ich, dass ich meine Worte sorgfältig abwägen muss, um kein falsches Bild heraufzubeschwören. Wenn es zum schwere Verletzungen oder gar Todesfälle bei Unfällen geht, ist touchiert sicher nicht das richtige Verb. Da müssen wir von Zusammenstoß, Zusammenprall oder davon sprechen und schreiben, dass ein Fahrzeug einen Fußgänger oder Radfahrer gerammt hat. Wenn es denn so war.
Es mag ja auch den Fall geben, dass der schwächere Verkehrsteilnehmer die Schuld trägt, etwa weil er im Dunkeln und ohne Licht unterwegs ist. Aber selbst dann ist der Kontakt zwischen dem einen und dem anderen sicher kein harmloses Touchieren.
Wo das Wort angemessen ist
Es gibt allerdings eine Kategorie von Unfällen, bei denen ich touchieren durchaus für das richtige Wort halte. Das sind die sogenannten Parkplatzrempler. Wenn ein Auto beim Ausparken gegen ein anderes fährt, ist das erstens meistens langsam geschehen und zweitens die Berührung – selbst wenn sie großen Schaden anrichtet – nicht besonders heftig. Da kann man schon mal von Touchieren reden oder schreiben. Selbst in Polizeimeldungen kann ich das akzeptieren, wohl wissend, dass die Polizei ihr eigenes Deutsch pflegt.