Kneipe: Wenn Gäste und Wirte alt werden

Wir Ü50er und Ü60er glauben ja nicht, dass wir älter werden. Und dann kommt ein Erlebnis, das uns vor Augen führt, dass nicht nur wir, sondern auch der Wirt unserer ehemaligen Kneipe alt wird. Ein Moment der Erkenntnis.

Wir haben vor einigen Wochen unsere Silberhochzeit gefeiert. Ohne großes Brimborium, nur wir zwei. Und sind auf den Spuren unserer Vergangenheit gewandelt. Wir haben dort gegessen, wo mein Mann einst während der Gründung des Restaurants als Koch gearbeitet hat, wo wir kurz nach unserem Kennenlernen ganz oft waren. Es folgte ein Besuch in einer der Kneipen, die wir damals häufig besucht haben. An manche Szenen dort kann ich mich noch gut erinnern.

Etwa die, als wir uns erst wenige Wochen kannten und ich kurz vor dem Aufbruch nach Kamerun stand. Eine tolle Reise. Jedenfalls haben wir dort in dieser Kneipe in einer hinteren Ecke gesessen und darüber gesprochen, dass ich erstmal eine Weile weg sein würde. Was meinem damals noch neuen Lover so gar nicht gefiel. Zumal das Mitte der 90er Jahre war und es weder Handys noch Internet und schon gar nicht WhatsApp oder etwas Ähnliches gab. Und Briefe zur Kontaktpflege kamen angesichts langer Postlaufzeiten auch nicht infrage.

Mit über 80 noch Wirt in der Kneipe

Ich erinnere mich also noch gut an das Gespräch, das jetzt fast 30 Jahre her ist. An den agilen Wirt, die vielen Gäste. Und jetzt? Jahrzehnte später, als wir nach dem Essen wieder dort vorbeischauten: kaum Gäste. Nicht nur, weil es Montag war. Es läuft einfach nicht mehr so gut, spätestens seit Corona. Der Wirt hinterm Tresen ist mittlerweile 86 und macht immer weiter. Immer langsamer, immer tapsiger. Er könnte aufhören, will es aber nicht. Und ich war erschrocken, wie alt er geworden ist.

Flaschen auf Regalen an der Wand einer Kneipe.
Unverändert seit mehr als 30 Jahren: Die Kneipe unserer frühen Zeit.

Es hat mir die Augen geöffnet. Auch wir sind älter geworden. Noch nicht richtig alt, aber auch nicht mehr so jung, dass wir am Wochenende oder gar in der Woche um die Häuser ziehen. Nicht nur, weil wir seit mittlerweile 20 Jahren auf dem Land wohnen und nicht mal so eben dahin fahren wollen und können, wo eine Kneipe ist. Sondern weil es uns einfach abends nicht mehr nach draußen zieht, und wenn, dann höchstens auf die heimische Terrasse. Die wilden Zeiten sind halt vorbei. Das ist noch lange kein Grund, sich um den Seniorenkaffee zu kümmern. Aber es ist eben auch nicht mehr so wie früher.

Die Vorteile des Älterwerdens

Ich bin gar nicht mal unzufrieden damit. Ein bisschen älter zu sein, hat auch Vorteile. Es kümmert mich nicht mehr, was andere denken. Das Kind ist aus dem Haus, das Leben gehört wieder mir beziehungsweise uns. Ich habe noch einen Beruf, der mir Spaß macht, auch wenn die Rente schon in der Ferne zu sehen ist. Ich kann meinen Hobbys frönen und muss mir um nichts mehr große Sorgen machen. Zumal ich gesund bin. Es müssen ja nicht gleich neun Gründe sein, um das Älterwerden zu schätzen. Man ihm sogar einen ganzen Blog widmen. Also: kein Grund zum Meckern.

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