Ausgezeichnet: Knebelvertrag für Fotojournalisten ausgetrickst
Jeden Freitag kommt der DJV-Newsletter in mein E-Mail-Postfach. Darin berichtet der Deutsche Journalistenverband darüber, was sich in der Medienszene tut. Ein guter Überblick über die vergangene Woche und oft sehr, sehr interessant. Der jüngste vom Freitag enthielt eine Geschichte, die mir richtig Spaß gemacht hat. Eine kanadische Zeitung hat auf großartige Weise die Forderung nach einem Knebelvertrag für Fotojournalisten ausgetrickst.
Die Rockband Foo Fighters hatte dem Blatt einen Akkreditierungsvertrag vorgelegt, der inakzeptabel ist. „Ein einziges Mal sollten die Fotografen ihre Bilder veröffentlichen dürfen. Nach einem Jahr sollten die Fotos ins Eigentum der Agentur übergehen – ohne Bezahlung, versteht sich“, berichtet der DJV-Newsletter dazu. Die Zeitung „Le Soleil“ unterschrieb den Vertrag nicht. Stattdessen schickte sie einen Karikaturisten in das Konzert. Ein tolle Idee. Kurz zuvor hatte bereits die Zeitung „Washington City Paper“ den Knebelvertrag unterlaufen. Sie hatte keinen Fotografen geschickt, sondern stattdessen Smartphone-Fotos von Konzertbesuchern gekauft.
Das unschöne Lied von den Popkünstlern, die ihre Popularität auch den Medien verdanken und sich ihnen gegenüber dennoch schnöde verhalten, will ich hier nicht noch einmal anstimmen. Das ist oft genug gesungen worden. Ich freue mich aber, dass wieder einmal jemand die Knebelverträge ausbremst. Schon früher hatten Zeitungen statt Fotos von Popkonzerten nur graue Flächen gedruckt und ihren Lesern erklärt, warum das so ist.
Ob und wie die Musikbranche langfristig reagieren wird, weiß ich nicht. Ich hoffe nur, dass sich noch mehr Medien gegen die Knebelverträge wehren. Ich selbst habe damit noch nicht zu tun gehabt, ich beobachte aber auch im regionalen und lokalen Journalismus zunehmend Versuche, Einfluss auf Art oder den Zeitpunkt von Berichterstattung zu nehmen. Ob es der Wunsch ist, Artikel vor dem Erscheinen gegenzulesen (abzusegnen) oder das Ansinnen, einen Veröffentlichungstermin doch bitte mit einem Sponsor abzustimmen. Frei nach dem Motto: nicht jetzt und schon gar nicht vor dem offiziellen Pressetermin. Da gilt es, immer wieder Widerstand zu leisten und sich gerade zu machen. Auch auf die Gefahr hin, dann gar keinen Artikel schreiben zu können oder ein Foto nicht machen zu können.
Leider hilft einem nicht immer ein Karikaturist aus der Patsche.
2 Kommentare
Margrit
Ja, leider passiert sowas auch in regionalen/lokalen Zeitungen so. Kürzlich erschien in einer Regionalzeitung ein Bericht über eine Musikveranstaltung ohne Bild, nebendran ein Hinweis, wieso das so ist. Kurzfristig hat man nämlich seitens der Veranstalter die Verträge geändert und mit Forderungen, wie du sie beschrieben hast, ergänzt. Der Clou: Die Zeitung war Medienpartner des Anlasses…
Die Idee mit dem Karikaturisten finde ich sehr gut.
Wolve
Für mich einfach unverständlich, das gerade Bands bzw. Konzerte, deren Bekanntheit ja zum Teil auf die Medien beruht, solche Forderungen stellen. Was wollen sie denn damit bewirken? Langfristig schaden sie sich doch selbst …
Also wieso man auf quasi gratis Werbung verzichtet, ist mir ein Rätsel.