Gastspiel der besonderen Art
Ein Chor auf Reisen tut gut daran, ein Gastspiel einzuplanen. Vorher organisiert, hat der St.-Johannes-Chor aus Lübeck-Kücknitz am Mittwoch sein Gastspiel in Ribeauville im Elsass gegeben. Eine Erfahrung der besonderen Art.
Ein Plakat an der Kirchentür kündet von unserem Vorhaben. Wir sind für 17.30 Uhr verabredet mit der Küsterin der protestantischen Kirche Le Temple von Ribeauville im Elsass. Sie ist pünktlich da, ebenso wie die junge Pastorin. Im Gemeindesaal stehen elsässischer Gugelhupf, Brezeln und Getränke für die Sänger bereit. Wir fühlen uns schnell wie zu Hause.
Um 18.30 Uhr beginnt das Konzert. Seltsam: Die Pastorin will nicht zur Begrüßung sprechen. Also übernehme ich das, bin ich doch am besten von allen des Französischen mächtig. Wir singen ein Programm mit Werken von Stanford, Bach, Rheinberger und Dubois, dazwischen orgelt unser Kirchenmusiker Werke von Schein und Buxtehude. Das spärlich erschienene Publikum ist begeistert: Der erste Herr, der die Kirche verlässt, wirft einen 50-Euro-Schein in das Kollekten-Körbchen. Das Geld ist für die Gemeinde in Ribeauville bestimmt. Frau Pastorin hat vor dem Publikum immer noch nichts gesagt. Aber sie tut nach dem Konzert im persönlichen Gespräch ihre Begeisterung kund.
Wir haben das Konzert genossen und uns gefreut, in Ribeauville singen zu dürfen. Wir hatten ein dankbares Publikum, und das ist uns das Wichtigste. Die Kollekte haben wir selbstverständlich der protestantischen Gemeinde von Ribeauville überlassen. In Frankreich gibt es keine Kirchensteuer, Katholiken entrichten auf freiwilliger Basis einen sogenannten Kultbeitrag. Im Elsass ist das napoleonische Konkordat noch gültig, dort werden die Geistlichen vom Staat bezahlt und ein Zuschuss zum Erhalt der Kirchen gegeben. Die Konzertbesucher in Ribeauville sahen alle so aus, als seien sie nicht sonderlich betucht. Umso mehr hat uns ihre Freigiebigkeit erstaunt. Die Kollekte war der Gemeinde dann auch höchst willkommen.