Fru Öttenpötter vertellt: Wenn das Pferd in Rente geht

Pferde sind wie Menschen. Irgendwann werden sie alt. Und dann? Unser Pferd geht in Rente. Da will einiges bedacht sein. Wo es seinen Altersruhesitz haben wird.

Beinahe jeder Reiter strebt irgendwann danach, ein eigenes Pferd zu besitzen. Wir haben uns diesen Traum vor sieben Jahren erfüllt und Lasse gekauft. Lasse ist klasse. Wir kannten ihn schon, wussten, dass er ein liebes und ruhiges Pferd ist, das sich gut händeln lässt. Und er war, als er in unseren Besitz überging, 16 Jahre alt. Bestes Pferdealter, mit dem Vorteil, dass Tiere in diesem Alter bereits Erfahrung haben und sich nicht mehr von allem aufregen lassen. Ein ideales Pferd also fürs damals 16-jährige Kind. Und welche Überraschung, als wir die Papiere bekamen: Kind und Lasse sind am selben Tag im selben Jahr auf die Welt gekommen. Ein gutes Omen, das sich erfüllt hat.

Fit bis ins hohe Pferdealter

Jetzt ist nicht nur das Kind 23 Jahre alt, sondern auch Lasse. Lange war er bestens in Form und sehr fit, so wie hier beim Strandreiten im Oktober 2020 (runterscrollen zu den schönsten Bildern). Da war er immerhin schon 20 Jahre alt. Dann folgte eine Beinverletzung, weshalb er ein paar Wochen nicht geritten werden konnte und still stehen musste. Als Folge zeigte sich eine Arthrose, eine häufige Alterserscheinung bei Pferden. Sie führte vor allem dazu, dass er wegen Schmerzen in den Halswirbeln seinen Kopf nicht mehr schmerzfrei beugen konnte. Dank Physiotherapie, Schmerztabletten und vorsichtigem Training war er nach eineinhalb Jahren dann doch wieder ganz der Alte. Freudig beim Reiten, schmerzfrei auch ohne Tabletten und gut im Training.

Pferd erlitt erneut eine schwere Verletzung

Doch jetzt hat er auf der Koppel wieder eine schwere Verletzung an einer hinteren Fessel erlitten. Es waren mehrere tiefe Riss- oder Bisswunden. Wir konnten es nicht nachweisen, aber möglicherweise waren es Hundebisse. Ganz in der Nähe suchten Leute ihren ausgebüxten Hund. Andererseits kann sich ein Pferd sehr gut gegen einen Hund zur Wehr setzen, was meistens nicht gut für den Hund ausgeht. Wie auch immer: Lasse erhielt einen dicken Verband, wir eine ebenso dicke Tierarztrechnung, und es hieß wieder: still stehen. Ergebnis: erneut Arthrose, erneut kein Training mehr. Noch einmal ein bis eineinhalb Jahre daran arbeiten, dass er wieder fit wird? Nein.

Mit 23 Jahren hat Lasse ein Alter erreicht, in dem er gut in Rente gehen kann. Großpferde werden mit Glück 30 Jahre alt, seine Lebenserwartung ist also nicht mehr allzu lang. Wohin also mit ihm? Zum Schlachter? Auf gar keinen Fall. Dazu ist er uns viel zu sehr ans Herz gewachsen. Zurzeit steht Lasse in einem Stall mit allem Drum und Dran: Reitplatz, Roundpen, Reithalle, großzügige Boxen mit Einzelpaddocks, Pferdesolarium, Pferdedusche, Rundum-Betreuung. Kosten 480 Euro im Monat. Zu viel für ein Pferd, das nur herumsteht und seinen Lebensabend genießt.

Ein Pensionsstall nur für Pferderentner

Zum Glück gibt es – sogar ganz in unserer Nähe – Ställe, die auf alte Pferde spezialisiert sind. Ställe, in denen nur Rentnerpferde stehen. Wo sie ihre Ruhe haben, gut gefüttert und betreut werden. Wir haben so einen Stall gefunden. Da ist nur gerade kein Platz frei. Es gibt aber eine Hoffnung, die anderen Pferdebesitzern sehr weh tun dürfte. Zwei Pferde dort sind so alt und malade, dass sie zum Ende des Sommers eingeschläfert werden. Dann wird ein Platz frei für Lasse. Der ist zudem deutlich günstiger zu haben als der Reitpferdestall, in dem er jetzt steht.

Pferd steht mit verbundenem Bein auf einem Außenpaddock.
Lasse mit verbundenem Bein: Jetzt ist das Pferd in Rente und zieht demnächst um.

In diesem Rentnerstall wird er nur mit anderen alten Pferden zusammenstehen. Das ist wichtig, weil alte Pferde sich nicht mehr so gut gegen junge durchsetzen können. Wer will in dem Alter noch Rangkämpfe bestehen. Außerdem haben alte Pferde höhere Ansprüche an Ruhe und ungestörtes Fressen. Auf all das wird im neuen Stall geachtet. Wir sind froh, ihn gefunden zu haben.

Ich werde berichten, wenn Lasse umgezogen ist. So lange darf er sein Leben noch im jetzigen Stall genießen. Arbeiten, sprich geritten werden, muss er nicht mehr. Und weil Pferde ein bisschen wie Autos sind, die schnell ersetzt werden müssen, hat das Kind sich inzwischen ein neues gekauft. Neun Jahre alt, topfit, aber lange nicht so gelassen wie Lasse. Aber brav. So kann das Kind weiter seinen geliebten Sport ausüben, und beiden Pferden geht es gut. Und natürlich wird Lasse auch in seinem neuen Stall regelmäßig von uns betüdelt.

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