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Das blaue Wunder von Berlin

Mein letzter Berlinbesuch hatte einen besonderen Anlass: Christo und Jeanne-Claude und ihr „Wrapped Reichstag“, ihr verhüllter Reichstag. Das ist jetzt 17 Jahre her – höchste Zeit also, der Hauptstadt mal wieder einen Besuch abzustatten. Ich habe – nicht nur was das Verpackungswunder von 1995 betrifft – allerbeste Erinnerungen an Berlin. Aber offenbar haben sich mich getäuscht. Ich habe einen Rummel vorgefunden, den ich so nicht in Erinnerung hatte. Bestes Beispiel: die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.

Ich liebe diese Kirche. Nicht wegen des „hohlen Zahnes“, wie die Berliner mit ihrer berühmten Schnauze den zerstörten Turm spöttisch nennen. Sondern wegen des Kirchenneubaus von Egon Eiermann. Der große Architekt hat das blaue Wunder von Berlin geschaffen, einen Sakralbau, der von einer unglaublichen Ausdruckskraft ist. Die blauen Glaswände aus Chartres stehen in einem expressiven Kontrast zu der goldenen – eigentlich bronzenen – Christusfigur, geschaffen von dem Münchener Bildhauer Karl Hemmeter. Ein Innenraum, der Ehrfurcht und stilles Verharren auslöst. Ich liebe ihn.

Die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche: Innenraum
Die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche: Innenraum

So hatte ich die Kirche von meinen vorherigen Besuchen in Erinnerung. Eine Erinnerung von einem Eindruck, die nicht enttäuscht wurde und wieder so stark war wie bei meinem allerersten Besuch in dieser Kirche vor mehr als 20 Jahren. Immer wenn ich in Berlin bin, besuche ich diese Kirche. Woran ich mich nicht mehr erinnert habe, das ist der Rummel, der rund um die Kirche herrscht. Dort stehen Bier- und Currywurstbuden, dort drängen sich die Andenkenhändler. Der reinste Jahrmarkt. Dass sich dort die Menschen, die Touristen drängen, ist selbstverständlich, schließlich ist die Kirche – die alte wie die neue – eine der Sehenswürdigkeiten von Berlin. Aber warum steht sie auf einem Rummelplatz? War das früher wirklich anders? Ich kann mich nicht erinnern. Oder hat meine Erinnerung diesen Rummel ausgelöscht? Weiß es jemand?

Buden vor der zur Renovierung verhüllten Gedächtniskirche
Buden vor der zur Renovierung verhüllten Gedächtniskirche

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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