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Wie schwer verletzt ist schwer verletzt?

Gerade habe ich hier über den Wert von Unfallopfern geschrieben. Aber wer ist ein Unfallopfer und was bedeutet schwer oder leicht verletzt? Die Polizei unterscheidet Unfälle nach Kategorien, bei denen genau diese Fragen eine Rolle spielen.

Es gibt sechs Kategorien. Und die Polizei wäre keine Behörde, würde sie dafür nicht Abkürzungen finden. Kategorie 1 ist ein VU P,  Kategorie 6 ein VU S1. Die ersten Zahlen bezeichnen die statistische Kategorie, die anderen Zahlen-Buchstaben-Kombination die fachliche, also polizeiliche Kategorie. VU steht für Verkehrsunfall.

Kategorie 1 (VU P): Mindestens ein am Unfall Beteiligter wurde  getötet.

Kategorie 2 (VU P): Mindestens ein Beteiligter wurde mindestens 24 Stunden in einem Krankenhaus behandelt.

Kategorie 3 (VU P): Mindestens ein Mensch erlitt leichte Verletzungen, die nur ambulant behandelt werden mussten.

Kategorie 4 (VU S1 oder S2): Unfallursache war eine Straftat (Trunkenheit am Steuer) oder eine Ordnungswidrigkeit, für die ein Bußgeld fällig ist, außerdem musste mindestens ein Auto  abgeschleppt werden.

Kategorie 5 (VU S1, S2): Straftat oder Ordnungswidrigkeit ja, aber alle Autos konnten weiterfahren und niemand hatte Alkohol oder Drogen genommen.

Kategorie 5 (VU S3): Unfälle mit unbedeutender oder geringfügiger Ordnungswidrigkeit, die nicht von der Polizei aufgenommen werden müssen (was in vielen Gegenden auch nicht mehr geschieht).

Kategorie 6 (VU S1): Alkohol- oder Drogeneinfluss bei einem Beteiligten.

Kategorie 2 ist für mich besonders unbefriedigend, weil sie so schwammig ist. Wie oft lesen wir in Polizeiberichten oder in der Zeitung, bei einem Unfall sei jemand schwer verletzt worden? Dann stelle ich mir immer Menschen vor, die wegen ihrer Verletzungen an der Schwelle zum Tod stehen (was wiederum lebensgefährlich verletzt heißt). Die Medizin kennt eine andere Definition als die Polizei. Für Mediziner sind  Menschen schwer oder schwerst verletzt, weil sie ein sogenanntes Polytrauma erlitten haben und – so die Definition – durchschnittlich zehn Tage auf der Intensivstation oder 22 Tage stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Aus polizeilicher Sicht ist schon jemand schwer verletzt, wenn er länger als nur zur Beobachtung, also mehr als 24 Stunden, im Krankenhaus bleibt. Das ist auch bei einem Beinbruch der Fall, wenn er operiert wurde. Als Unfallopfer ist das schlimm, aber in letzter Konsequenz würde ich sagen: nochmal Glück gehabt.

Richtig Glück hat allerdings nur der, der gar keinen Unfall hat. Aber das melden weder die Polizei noch die Zeitung.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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