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Brotdosen-Kontrolle: Die entmündigten Eltern

Ich muss mir jetzt mal Luft machen. Ich fühle mich heruntergeputzt, entmündigt, für dumm erklärt. Von Kindergartenerzieherinnen und Grundschullehrerinnen. Sie entziehen mir die Erziehungsberechtigung, wenn es  um die Ernährung meines Kindes geht. So geht das nicht.

Ich sehe sie noch vor mir, die Erzieherin, die bei der Abschlussveranstaltung eines Projektes für gesündere Ernährung und mehr Bewegung im Brustton der Überzeugung ihr Credo verkündete. Sie habe, führte sie aus, in ihrer Kindertagesstätte das Getränkeangebot durchforstet. Es gebe jetzt nichts mehr außer stillem Wasser und ungesüßten Kräutertees. Fruchtsäfte habe sie komplett gestrichen, viel zu süß, da sei Fruchtzucker drin, das gehe ja gar nicht. Und dann holte sie weiter aus. Die Kita sorge jetzt auch für das Frühstück. Sie habe ja mehrfach und nachdrücklich die Eltern darauf hingewiesen, was in die Brotdose gehöre. Aber die Eltern würden sich nicht daran halten. Deshalb habe sie es jetzt aufgegeben, immer dasselbe zu predigen. Nun müssten die Eltern zahlen und die Kita sorgt für gesundes Frühstück. Basta.

Kein Einzelfall. Gerade bejubelt eine andere Kita, dass sie nun frei von Brotdosen sei. Heißt im Klartext: Wir lassen die Eltern nicht mehr ein Frühstück für die Kinder packen. Wir machen selbst das Frühstück, genauer, eine Hauswirtschafterin. Die Eltern zahlen dafür. Begründung auch hier: Die Eltern packen nicht immer das Richtige ein.  Gefordert sind dunkles Brot, Wurst und Käse, Joghurt ohne Zusätze, Gemüse und Obst. Durchaus vernünftig, und vernünftige Eltern packen ihren Kindern auch genau das in die Brotdose. Aber eben nicht alle. Und das geht gar nicht, sagt die Kita, und entlastet – so nennen die das – alle Eltern vom morgendlichen Packen der Brotdose. Das ist kein Angebot, sondern für alle Eltern bindend. Ein Zwang also.

Beispiel drei erzürnt mich am meisten. In einer Grundschule macht die Lehrerin regelmäßig Brotdosen-Kontrolle. Wie bitte? Was geht es die an, was ich meinem Kind als Frühstück mit gebe. Ich bin schon groß, ich kann schon allein entscheiden, mit was ich mein Kind ernähre. Nur weil andere Eltern unvernünftig sind, muss ich nicht entmündigt werden.

Hört endlich auf, andere Menschen mit einer Weltverbesserung beglücken zu wollen. Das ist unfair, stellt Väter und Mütter, die sich um die Entwicklung und Ernährung ihrer Kinder Gedanken machen, als Deppen dar. Die anderen, die ihre Kinder weniger gesund ernähren, werden es außerhalb der Kita oder der Schule auch weiter tun. Und noch eines: Kinder, die mit Blick auf gesundes Essen gar nichts mehr dürfen – keinen Fruchtsaft, kein Naschen, nichts Süßes – werden dann viel zu viel davon in sich hineinstopfen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Und das kann nicht das Ziel all der wohlmeinenden Erzieherinnen und Lehrerinnen sein.

Nachtrag:
Offenbar hat meine Klage einen Nerv getroffen. Die Reaktionen waren vielfältig. Das Thema wurde auch auf Twitter eifrig kommentiert. Hier einige Auszüge:

 

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

4 Kommentare

  • JürgenHugo

    DA müßte ich mal als „Opa Hugo“ erscheinen, die Erzieherin hätte Spaß mit mir…

    „Die Eltern packen nicht immer das Richtige ein. Gefordert sind dunkles Brot, Wurst und Käse, Joghurt ohne Zusätze, Gemüse und Obst.“

    Ich würde MEINE Brotdose mal aufmachen, und der die ungesündestensDinge vormampfen, die es gibt. Und hinterher (vor der Tür) eine schöne Ziga rauchen und in Richtung Erzieherin Grimassen schneiden.

    Damit die lieben Kleinen auch was zu lachen haben, wenn „Opa Hugo“ Kleinkrieg mit den „Tanten“ führt!

  • Dieter Gotzen

    Die Verärgerung ist berechtigt. Aber mit einem „aber“. In der Kernaussage stimme ich der Erzieherin zu. Jedoch scheint die Kommunikation nicht richtig geglückt. Hier wären wichtige Vorabinfos sinnvoll gewesen.

    Da ich im Bäckereihandwerk groß geworden bin, kenne ich deren Untaten. Hier wird gepfuscht und getrickst, und die amerikanischen Imbißketten setzen das i-Tüpfelchen. Was heute aussieht wie Pudding ist ein rein chemisches Produkt, und das lecker aussehende Körnerbrot stammt von Boehringer-Ingelheim, einem Chemiekonzern. Die Brote aus dem Supermarkt sind mit Schwefel behandelt, in den Fruchtsäften lauern Geschmacksverstärker.

    Und wer nach dem Verzehr z. B. von Billigpudding Übelkeit verspürt, darf sich bei den Zutaten „Sojaanbau in Drittländern per Hybridanbau“ bedanken.

    Heute gelten Neurodermitis und Psoriasis als Normal, sind jedoch auf die Lebensmittelkreisläufe zurück zu führen.

    Ich kann den Groll der Bevormundung verstehen, trotzdem haben die Aussagen der Erzieher ihre Berechtigung, auch wenn diese sicherlich nicht wissen was sie da tun.

    Und was „Stilles Wasser“ betrifft: Wasser ist die einzigste Flüssigkeit mit der der Körper klar kommt. Mineralwasser jedoch nicht ! Übrigens: das bekannteste Mineralwasser in Germany ist in Kanada verboten. Grund: zu viele Schadstoffe.

    Lieben Gruß aus NRW

    Dieter

  • Llewella

    „Kinder, die mit Blick auf gesundes Essen gar nichts mehr dürfen – keinen Fruchtsaft, kein Naschen, nichts Süßes – werden dann viel zu viel davon in sich hineinstopfen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben“

    Das isses. Unser Kindergarten ist da bislang aber sehr vernünftig, zum Glück. Wieder ein Vorteil der Kleinstadt auf dem Land?

  • Frau Fröhlich

    Aufklärung muss sein … gar keine Frage. Bevormundung allerdings geht gar nicht. Wie gut, dass ich mich als Nichtmutter damit nicht auseinandersetzen muss, wie mit so vielem, was man heute als Eltern beachten muss :roll:

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