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Vielschichtige Wörter für viele Straßenschichten

Wir Redakteure schlagen uns Tag für Tag mit Pressemitteilungen herum, die hohe Werte auf der nach oben offenen Blähwort- und Unverständlichkeitsskala haben. Besonders Verwaltungen neigen dazu, Wörter möglichst komplizierter zu machen, als sie sein müssten. Kommt dann noch spezielles Fachwissen dazu, werden Pressemitteilungen zur sprachlichen Katastrophe. Besonders negativ fallen die Mitteilungen der Straßenbauer auf. Verfasser sind natürlich nicht die Männer mit der Schippe und der Walze, sondern die Mitarbeiter der Straßenbauverwaltungen.

Eine Wissenschaft für sich sind die diversen Schichten, aus denen eine Straße aufgebaut ist. Eine Autobahn, schwer belastet und viel befahren von tonnenschweren Lastwagen, besteht aus fünf verschiedenen Schichten: Frostschutzschicht (30 Zentimeter), Schottertragschicht (18), Asphalttragschicht (15), Binderschicht (8) und Deckschicht (4). Will und muss der Autofahrer das wissen? Wenn es nach den Straßenbaubehörden geht ja. Und so teilen sie stets ausführlich mit, dass Asphalttragschicht und Asphaltdeckschicht aufgetragen werden und deshalb eine Straße wegen Bauarbeiten gesperrt werden muss.

Aufgetragen ist allerdings das völlig falsche Wort. Ausbau und Einbau lautet der fachmännische Begriff. Die alte Schicht wird ausgebaut, die neue eingebaut. Das alles gerne in bestimmten Bereichen und meistens halbseitig, damit der Verkehr durch eine – ja, so heißt das wirklich – „temporäre Lichtzeichenanlage einstreifig vorbeigeführt“ werden kann. Immer mit Rücksicht auf „die Erreichbarkeit der Parkplätze“. Wie gut, dass sie hier mal nicht Stellplatzanlage heißen. Schwierig wird es übrigens, wenn die Bauarbeiten einen Knotenpunkt berühren. Landläufig heißt so etwas Kreuzung.

Aber es geht noch schöner. Zunächst einmal ist der Neubau eines Autobahnabschnittes eine grundhafte Erneuerung. Wenn die zur Freude der Autofahrer endlich fertig ist, fehlen meistens noch sogenannte Restarbeiten, auch Nachlaufarbeiten genannt. Etwa das Anbringen der Fahrzeugrückhaltesysteme am äußeren Fahrbahnrand. Ich sage dazu Leitplanken. Sollten dafür noch Auf- und Abfahrten gesperrt bleiben, sind deren Verkehrsbeziehungen betroffen.

Kein Wunder, dass wie bei vielen Wortungetümen schnell Abkürzungen auftauchen. Die Autobahnpolizei, stets zu Tempo verpflichtet, orientiert sich bei ihren Einsätzen an der jeweiligen RiFa. Straßenbauer schreiben dagegen von Richtungsfahrbahnen. Normale Menschen sagen: die Autobahn in Richtung Norden. Aber normale Menschen sind ja auch weder Straßenbau-Verwalter noch Autobahnpolizisten.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

Ein Kommentar

  • Sylvi

    Hallo Susanne,

    Lichtzeichenanlage ist auch ganz besonders schönes Wort. ;-) Achso … gemeint ist die Ampel.
    Ich bin ja auch beruflich bei solch einem „Verein“ beschäftigt und ich sehe das so: Es ist wie mit der Räubersprache in meiner Kindheit. Man kann miteinander kommunzieren, auch wenn der Feind mithört und der versteht nur Bahnhof. :mrgreen:

    Lieben Gruß
    Sylvi

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