gehört,  Pyrocontra

Bitte kein Bravo, Bravissimo ins Pianissimo

Ich war gestern Abend in der Oper unter freiem Himmel. Die Premiere von Verdis Oper „Nabucco“ ging über die Freilichtbühne am Großen Eutiner See. Die Eutiner Festspiele haben mir einen unvergesslichen Abend beschert mit wunderschöner Musik, einem erstklassigen Orchester, einem ganz, ganz großartigen Chor – Verdi muss Chöre gemocht haben, er hat ihnen in dieser Oper wunderbare Melodien geschrieben – und hörenswerten Solisten. Und doch habe ich mich geärgert.

Der Ärger kam nicht von der Bühne. Er kam von den Zuschauerrängen. Ich wollte eigentlich nie so eine Klassikzicke werden, die jedes Geräusch stört. Die verzückt der Musik lauscht und jede Störung als Affront gegen die Kunst auffasst, der absolut zu geißeln sei und mit strafenden Blicken bedacht wird. Doch bald bin ich soweit.

Müssen sich Leute in der Oper benehmen wie im Musikantenstadel? Müssen sie in die letzten Takte der Musik „Bravo“ hineinrufen oder mit dem Applaus einsetzen, wenn die letzten Töne noch nicht verklungen sind? Können sie nicht ein wenig Nachhall, innerlich und äußerlich, zulassen? Und muss der Dirigent schon wieder einsetzen, wenn der Applaus noch nicht verebbt ist? Je berührender das Werk, desto mehr Stille bedarf es nach den letzten Tönen. Doch diese Stille wird einem kaum noch vergönnt. Und das liegt nicht daran,  dass immer mal wieder eine Ente vom nahen See in die Pianissimostellen hineinquakt.

Und, bin ich zu empfindlich? Bin ich auf dem Wege, eine verbiesterte Klassikzicke zu werden? Oder bin ich es schon? Stört Euch das verfrühte Applaudieren auch oder macht Ihr es selbst? Ich freue mich  auf  Eure Meinung.

 

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

3 Kommentare

  • Llewella

    Meine Eltern haben mir beigebracht, nur an den Stellen zu applaudieren, wo es auch wirklich sinnvoll ist. Sprich, wo von Haus aus schon eine kleine Pause ist. Ich schüttle auch immer den Kopf, wenn im Theater mitten in die Musik hinein geklatscht wird.

    Dafür applaudiere ich gern und ausdauernd dort, wo ich es als angebracht empfinde.

    (In Eutin war ich auch schon, ist lange her – der Troubadour war es damals auch. Schööööööön. Während des letzten Aktes setzte Regen ein – nach kurzer Pause wurde weitergesungen, im Regen. Das fand ich irre und blieb mir, neben der Musik, für immer im Gedächtnis)

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