Beim Festival üblich: Alle Filmen oder fotografieren, was das Zeug hält.
erlebt,  Pyropro

Festival: Wenn du die einzige bist, die nicht fotografieren darf

Provokante Überschrift, aber so war es auf einem Festival, das ich gerade beruflich besuchen musste. In der Hausordnung stand: keine professionellen Foto- und Filmaufnahmen.

Fast am Ende meiner journalistischen Karriere hat es mich doch noch erwischt: Im Auftrag der Redaktion musste ich von einem Schlager-Festival berichten. Nicht meine Musik, ganz und gar nicht. Nicht meine Welt. Aber ich bin Lohnschreiberin. Also machte ich mich auf zu Heile-Welt-Musik Open-Air. Natürlich nicht kostenlos. Am Eingang stand Security, durchsuchte Taschen nach Trinkflaschen (verboten) und kontrollierte die Eintrittskarten. Und am Eingang hing dann auch die Hausordnung.

Viele Verbote beim Open-Air-Festival

Da waren sie, all die Verbote. Keine Flaschen und Getränke (die Buden auf dem Festivalgelände wollen ja etwas verkaufen), keine Hunde (alles andere wäre auch Tierquälerei bei der Lautstärke), keine Kinderwagen (Kindeswohl!), keine Schirme, kein Cannabiskonsum, keine Klappstühle und noch viele andere Festival-Regeln. Und eben „keine professionellen Foto- oder Filmaufnahmen“.

Für unsere Berichterstattung gab es für den Fotografen drei Lieder Fotozeit direkt vor der Bühne. Das ist okay und üblich. Aber, und da wird es ein bisschen seltsam, allen Berichterstattern war es untersagt, aus dem Publikum heraus und vom Publikum Fotos zu machen, selbst mit dem Einverständnis der Festival-Besucher. Gut, das kann ich zur Not gerade noch verstehen. Aber was geschah dann?

Kaum war die erste Sängerin auf der Bühne, rissen alle um mich herum das Handy aus der Tasche und begann zu filmen und zu fotografieren. Hemmungslos und endlos. Ich möchte nicht wissen, wie oft diese Videos und Bilder anschließend gepostet und weiterverbreitet wurden. Aber diejenigen, die dort filmten und fotografierten, waren eben keine Profis. Die durften das. Ich nicht.

Die Handyfotografie ist nicht einzudämmen

Ich kann mir schon vorstellen, warum niemand versucht, das wilde Fotografieren und Filmen zu unterbinden. Von den 2000 Leuten vor der Bühne – ohne Sitzplätze und locker auf der Festival-Fläche unterwegs – haben gefühlt 90 Prozent die Auftritte durch das Display ihrer Smartphones verfolgt. Wer will das eindämmen? Wer will das verhindern? Ich glaube, dass das Fotografieren und Filmen nicht generell verboten wurde, liegt daran, dass das gar nicht geht. Also haben sie es laufen lassen.

Ich vermute, das ist auch der Grund, warum die Mehrzahl der Museen heute das Fotografieren erlaubt. Das hat mich als Bloggerin bei meinen Museumsbesuchen immer sehr gefreut. Früher war das anders. Aber auch die Museen haben offenbar aufgegeben und werden der Handyfotografie nicht mehr Herr. Die übrigens sehr nervig sein kann.

Ich habe bei dem Festival das Handy in der Tasche gelassen. Letztlich war ich nur für den Text da, und Zuhörerstimmen lassen sich auch ohne Fotos berichten. Allerdings hätte ich die drei jungen Männer in den Wolkenanzügen – weiße Wolken auf himmelblauen Hosen und Jacketts – doch sehr gerne im Bild festgehalten. Aber das wäre wieder Profi-Fotografie gewesen.

Susanne Peyronnet *1960 Wurzeln in Niedersachsen Leben in Schleswig-Holstein Redakteurin seit 1981 Hobbys: Reisen, Lesen, Reiten Musik: Klassik, Klassik, Klassik (Ausnahme Kammermusik) Länder: Deutschland, Frankreich

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