Die falsche Warnweste angezogen: Farblehre an der Einsatzstelle

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Welche Farbe zu welchem Anlass? Das hat jetzt nichts mit Mode zu tun, sondern mit Warnwesten. Wer glaubt, schlichtes Gelb oder Orange seien immer richtig, der irrt. Mitunter maßt sich der Träger einer gelben Warnweste etwas an, was ihm nicht zusteht. Farbspiele an der Einsatzstelle, eine Wissenschaft für sich.

Ich hatte wieder einen dieser Reporter-Einsätze draußen im Dunkeln. Lkw-Bergung an einer Bundesstraße. In meinem Auto liegen zwei Warnwesten mit der Aufschrift Presse, eine grüne und eine gelbe. Ich trage sie selten, weil ich sie ein bisschen affig finde. Aber es gibt doch Gelegenheiten, da fühle ich mich wohler, wenn ich gut zu sehen bin. Eben abends und an Straßenrändern. Also habe ich die Warnweste gegriffen, die mir am nächsten auf dem Rücksitz lag, die gelbe, und bin damit losmarschiert zur Unfallstelle. Alles gut soweit. Bis ich mein Gespräch mit dem Feuerwehr-Einsatzleiter beendet hatte. Zum Abschied fragte er mich: „Haben Sie auch eine Weste in einer anderen Farbe. Gelb trägt nur der Einsatzleiter.“ Aha.

Ich kann mich an eine Polizeikontrolle vor einigen Jahren erinnern. Auf dem Rücksitz meines Autos lag die grüne Presse-Warnweste, ohne dass die Aufschrift zu sehen war. Der Beamte nach einem Blick auf die Weste: „Sind Sie eine von uns?“ „Nein, warum?“ „Wegen der grünen Weste.“ Ich habe ihm dann den Aufdruck Presse gezeigt, und er sagt, grün trage nur die Polizei.

Was also jetzt? Grün geht nicht, gelb geht nicht. Orange vielleicht? Ja, vielleicht. Anlässlich meines Einsatzleiter-Rüffels habe ich mich ein bisschen mit der Farblehre am Einsatzort beschäftigt. Und gelernt, dass die Farben allesamt eine Bedeutung haben. Fangen wir mal mit der Freiwilligen Feuerwehr an. Da gibt es wahlweise bunte Helm-Dreiecke oder Kennzeichnungswesten in verschiedenen Farben. Und das sind ihre Bedeutungen:

  • Gelb: Gemeindewehrführung (und oft Einsatzleitung)
  • Silber: Ortswehrführung
  • Rot: Zugführung
  • Blau: Gruppenführung
  • Grün: Fachberater/Pressesprecher
  • Schwarz: Atemschutzträger
  • Weiß oder ohne: Fußvolk
  • Lila: Seelsorger
Helmebunt
Hier als Dreiecke auf den Helmen: Die Farblehre der Freiwilligen Feuerwehren.

Das waren jetzt die Farben für Schleswig-Holstein. Sie variieren teilweise von Bundesland zu Bundesland und werden ergänzt durch Schachbrettmuster oder Streifen. Die gesamte Aufstellung gibt es hier.

Etwas anders ist die Aufteilung bei der Polizei, zumindest bei der Landespolizei Schleswig-Holstein.

Da gilt folgender Code, jedenfalls nach Angaben eines hiesigen Sprechers:

  • Weiß: Einsatzleiter
  • Gelb oder blau mit Aufschrift „Pressesprecher“: Pressesprecher (was sonst?)
  • Grün mit Aufschrift „Polizei“: Zivilkräfte, die die Weste überziehen, wenn sie sich während des Einsatzes erkennbar machen müssen
  • Rot: Konfliktberater (etwa bei Fußballspielen)

Die weite Welt der Polizei-Warnwesten findet sich übrigens auf den Seiten der Anbieter eben solcher Westen. Es lohnt sich mal nach unten zu scrollen, da lernt der Laie dann auch den feinen Unterschied zwischen einer Warnweste, einem Warnüberwurf und einem Kennzeichnungsüberwurf.

Nirgends aber steht geschrieben, dass niemand anderes diese Westen in diesen Farben tragen darf. Das wäre auch etwas schwierig, sind doch kaum noch Farben übrig, wenn man Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei zusammen nimmt. Die überall erhältlichen und für jedes Auto vorgeschriebenen Warnwesten sind übrigens gelb oder orange. Deshalb sind die, die sie tragen, noch lange keine Einsatzleiter, nicht mal wenn sie die Weste an einem Unfallort überstreifen.

Ich werde meine Westen also beide tragen, je nachdem, welche mir beim Griff ins Auto als erste in die Hände fällt. Ist es die gelbe, maße ich mir damit noch lange nicht an, die Einsatzleitung zu übernehmen.

Eine hübsche Glosse zur Invasion der Warnwesten in unserer „ärmellos bewamsten Gesellschaft“ habe ich auf Süddeutsche.de gefunden.

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7 Kommentare

  1. Um als Einsatzleiter durch zu gehen, müsstet du ja auch Feuerwehr-Klamotten darunter und einen Helm auf haben – eigentlich. Vermutlich fürchtet man aber/weiß aber, dass gerade der EL gerne mal in Zivil erscheint… ;-)

    1. Ich war in dem Moment leider viel zu baff, um so zu kontern. Aber natürlich ist es so, und dieser Einsatzleiter trug das volle Besteck. Kein Grund zur Verwechslung also.

  2. Um Irritationen aus dem Weg zu gehen, ist für Reporter eine orange Warnweste mit der Aufschrift „Presse“ auf dem Rücken und ergänzend auch vorn sicher die neutralste Lösung.

    Die Farbe orange ist zwar beispielsweise bei der Feuerwehr in Hessen auch einer Funktion (Gruppen-, Staffel- oder Fahrzeugführer) zugeordnet, aber die Refelxstreifen sind nicht silber, sondern gelb-silber-gelb.
    Und natürlich hat eine Einsatzkraft dann entsprechende Einsatzkleidung unter der Weste.
    Da auch die Warnweste für Karftfahrer orange (leider auch gelb) an jeder Tanke zu kaufen ist, tritt man sicher keinem auf die Füße und erfüllt den Warnschutz.

  3. Da ich sehr viel über Unfälle und Brände berichte, besitze ich eine komplette (ausgemusterte) PSA der Feuerwehr. Auf dem Rücken prangt aber statt Feuerwehr ein Rückenschild mit Presse. Dazu eine gelbe Warnweste mit Presse. Bis heute keine Probleme gehabt.

    1. Danke für Deinen Kommentar.
      Eine eigene Schutzausrüstung halte ich für ein bisschen übertrieben, ich bin bisher immer ganz gut ohne ausgekommen. Die Weste ziehe ich auch nur an, wenn es meiner eigenen Sicherheit dient. Sonst komme ich gut ohne klar. Es ist aber gut, sie zu haben.

    2. Ernsthaft? Das ist schon leicht übertrieben. Für was brauchst du solche Klamotten, wenn du nicht in den Gefahrenbereich gehst, wo du als Repoter h nichts verloren hast.
      Ich habe auch nur ne orange Warnweste mit der Aufschrift Presse (hinten zusätzlich Fotograf). Orange ist in meinem Einsatzgebiet (RLP und BaWü) keiner Funktion von FW und RD zugeordnet (außer normale FW-Warnwesten für verkehrssichernde Trupps), ist meiner Meinung nach am besten zu sehen am Tag (in der Dämmerung ist gelb ’n ticken besser, mittags um 12 aber auf jeden Fall orange).
      Ich zieh die auch meistens nur bei vielen Gaffern, nachts an oder wenn ich mich irgendwie anderweitig gefährdet sehe… Also innerorts mit guter Beleuchtung selbst nachts nur, wenn viele Gaffer da sind und ich mich etwas abheben will und meinen Presseausweis net immer aus der Hosentasche kramen will (Warnweste hat ne Sichttasche).

      Ist auch am einfachsten… Muss ich mich nicht erst umziehen, sondern nur Kamera und Warnweste schnappen, wenn irgendwo etwas passiert ist.

      1. Hallo Aaron,
        genauso halte ich es auch: Die Weste ziehe ich nur an, wenn ich nachts an einer Straße stehe oder wenn es die Vorschriften erfordern, etwa wenn ich mit der Straßenmeisterei unterwegs bin. Die nehmen niemanden ohne Warnweste mit. Sonst bleibt sie so oft es eben geht, nur die Weste an. Eine persönliche Schutzausrüstung halte ich für überflüssig. Wobei ich mir schon manchmal eine stabile Kopfbedeckung wünsche. Übrigens habe ich schon einmal Jacken wegwerfen müssen, weil mir der Funkenflug lauter kleine Löcher hineingebrannt hat.

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