DAS Podium: Wo die Frage nach Männern und Frauen irrelevant ist

Ich hatte mir geschworen, zum leidigen Gender-Thema künftig die Klappe zu halten. Aber manchmal muss ich mich doch noch zu Wort melden. Diesmal ist es ein Satz, der meinen Widerspruch herausfordert. „Veranstaltungen und Podien, auf denen lediglich Männer mit Männern sprechen, sind einseitig, unvollständig und nicht repräsentativ – und daher langweilig und irrelevant.“ Das sehe ich anders.

Geschrieben hat den Satz Robert Franken in einem Beitrag auf dem Blog male-feminist-europe.org. Verbunden damit ist ein Aufruf an Männer, nicht mehr an reinen Männerveranstaltungen teilzunehmen, Männerpodien zu meiden und bei ihrer Absage klar zu kommunizieren, warum sie das nicht wollen. Begründung laut Blog: „Solche Veranstaltungen genügen unseren qualitativen Ansprüchen einfach nicht.“ Am Ende des Artikels sind noch drei Merksätze angefügt.

Veranstaltungen, auf denen ausschließlich Männer sprechen, sind uninteressant.

Ausgeglichene Podien müssen unser aller Ziel sein.

Helfen Sie mit dies zu erreichen. Erzählen Sie es weiter! #men4equality

Was bitte hat die Qualität von Redebeiträgen mit dem Geschlecht zu tun? Warum sollte der Wert einer Debatte daran festgemacht werden können, ob genug Frauen auf dem Podium sitzen? Kommt es nicht vielmehr darauf an, was die Teilnehmer an Gesprächsrunden inhaltlich zu sagen haben und wie gut sie es formulieren können? Ist das etwas, das Männer schlechter können als Frauen? Kommt es nicht vielmehr auf Haltung, Wissen, Können an? Wenn jemand etwas interessantes sagt, ist mir ziemlich egal, ob er oder sie Mann oder Frau ist.

Ich wehre mich dagegen, dass einfach so behauptet wird, reine Männerrunden seien von Haus aus irrelevant und langweilig. Ich habe in meinem Leben schon bei vielen Podiumsdiskussionen zugehört, es mögen hunderte gewesen sein. Mal war das Thema interessant, mal weniger, mal die Beiträge fundiert und wichtig, mal war es nur Gelaber. Das hatte etwas damit zu tun, ob die Diskutanten wussten, worüber sie reden. Ob sie Witz hatten, rhetorisch auf der Höhe waren. Es hatte nie etwas damit zu tun, ob sie Frauen oder Männer waren. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist mir nicht mal aufgefallen, ob gute Beiträge von Frauen oder Männern kamen. Ob es die Männer waren, die nuschelten oder nicht zum Punkt kamen, oder ob es die Frauen waren. Wenn ich so zurückdenke, habe ich Diskussionen mit Politikerinnen erlebt, die genauso uninteressant und irrelevant waren wie andere, die von Männern geführt wurden.

Wenn Geschlecht vor Inhalt geht, kann etwas nicht stimmen. Das Ansinnen, eine Quote für Podien einführen zu wollen, negiert völlig, dass dort ganz andere Dinge gefragt sind. Dass angeblich so wenige Frauen auf Podien sitzen, kann ich aus meiner Erfahrung übrigens nicht bestätigen. Recht geben ich den Initiatoren von #men4equality darin, dass es nicht an den Frauen liegt, sollten sie tatsächlich so unterrepräsentiert sein – was ich, wie gesagt, nicht als so krass empfinde.

Ich sehe an Podiumsdiskussionen andere Schwachstellen. Zum einen sind sie – da muss ich Robert Franken Recht geben – oft langweilig. Das liegt aber in der Natur solcher Diskussionen, die sich nach einer gewissen Zeit immer wieder im Kreis drehen. Zum anderen haben sie oft den Nachteil, dass dort über und nicht mit Menschen geredet wird. Ich kann mich gut an ein mit Politikern besetztes Podium erinnern, in dem es um Arbeitslosigkeit ging. Der einzige Arbeitslose im Saal stand ganz hinten und schüttelte nur ständig den Kopf. Warum saß er nicht auf dem Podium? Egal, ob Mann oder Frau, ein Betroffener tut jeder Gesprächsrunde gut, besser noch mehrere. Sie auch zu Wort kommen zu lassen, ist Aufgabe der Moderation.

25 Männer haben den Aufruf von Robert Franken als Erstunterzeichner unterschrieben. Sie wollen nicht mehr auf reinen Männerpodien sitzen. Das ist ihnen unbenommen, wäre aber bei so vielen klugen Köpfen wirklich schade.

Noch eine kleine Fußnote: Wie es sich für einen Artikel gehört, der für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis eintritt, sind viele Bezeichnungen mit dem Gendersternchen versehen. Bei dem Wort Person*innen finde ich das allerdings schon ziemlich bizarr.

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2 Kommentare

  1. Hallo Susanne,

    vielen Dank für Deinen Blogpost zu unserer Initiative #men4equality. Ich finde es gut, dass Du Dich trotz gegenteiliger Ansagen zum Gender-Thema zu Wort meldest. Ich würde gerne auf ein paar Aussagen antworten.

    „Was bitte hat die Qualität von Redebeiträgen mit dem Geschlecht zu tun?“
    Ich würde Dir hier zustimmen – wenn das nicht die Standardausrede von Veranstaltenden wäre, wenn man sie fragt, weshalb sie eine all-male Veranstaltung anbieten.

    Selbstverständlich gibt es tolle Veranstaltungen, bei denen nur Männer zugegen sind, aber das ist nicht der Punkt. Unsere Argumentation ist in etwa so: Wenn 50 Prozent des talent pools vorn vornherein fehlen, dann ist die Wahrscheinlichkeit extrem hoch, dass auch 50 Prozent der Qualität keine Berücksichtigung fanden. Und deshalb interessiert und das nicht (mehr).

    „Dass angeblich so wenige Frauen auf Podien sitzen, kann ich aus meiner Erfahrung übrigens nicht bestätigen.“
    Das mag in Deiner Filterblase so sein, repräsentativ ist das (leider) nicht. Siehe zum Beispiel auch hier: http://50prozent.speakerinnen.org Vermutlich ist das auch eine Frage der Industrie, in der man sich bewegt.

    Zu Deiner Fußnote: „Person*innen“ war die Formulierung einer/eines Kommentierenden, nicht die unsere.

    Nochmals danke für Deine Auseinandersetzung mit unserem Text und unseren Motiven. Viele Grüße, Robert

    1. Hallo Robert,
      Recht hast Du, die Person*innen kommen in einem Kommentar vor, nicht in Deinem Text.
      Was die Filterblase angeht, so gibt es keine, die meine ist. Als Journalistin verfolge ich seit Jahrzehnten Podiumsdiskussionen aus allen möglichen Themenbereichen, und ich kann nicht sehen, dass Frauen so krass unterrepräsentiert wären. Bei uns gibt es eine Reihe von weiblichen Landtags- und Bundestagsabgeordneten sowie Bürgermeisterinnen, Bauamtsleiterinnen und Geschäftsführerinnen großer Unternehmen, ja, beim Militär sogar Frauen in mittleren leitenden Positionen. Wenn sie zum Thema etwas zu sagen haben, sind sie dabei bei Veranstaltungen dabei, wenn nicht, dann eben nicht.
      Dass die Qualität von Redebeiträgen nichts mit dem Geschlecht dessen zu tun, hat der sie beisteuert, ist für mich keine Ausrede, sondern das Hauptargument gegen eine Frauenquote in Diskussionsrunden. Ich hätte lieber eine Betroffenenen-Quote, wie ich es schon im Blogpost geschrieben habe.
      Viele Grüße,
      Susanne

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