Gutes wollen und das Gegenteil erreichen

Es gibt so viele Dinge in unserer Gesellschaft, für die es sich lohnt zu kämpfen. Gleichberechtigung von Frau und Mann, natürlich. Gegen Nazis, gegen Rassismus, gegen Klassismus (gerade gelernt: Diskriminierung wegen der sozialen Schicht/Klasse), für Tierschutz, für die Umwelt. Alles wichtige Anliegen, für es sich lohnt, sich einzusetzen. Was mich aber traurig macht und bestürzt: Viele, die für eine dieser guten Sachen kämpfen, schaden ihr mehr als dass sie ihr nützen.

Es ist der Klassiker, in Lübeck zum Beispiel jahrelang immer einmal im Jahr, meistens im Frühjahr oder Frühsommer. Neonazis melden eine Demonstration an, die Stadt steht auf dagegen, aber die Rechten dürfen marschieren. Das Verwaltungsgericht hat ihnen oft genug den Weg frei gemacht. Eine Gegendemonstration formiert sich, Gewerkschaften, Kirchen, Menschenrechtsgruppen und die Antifa rufen dazu auf. Am Ende des Tages zieht die Polizei Bilanz. Ein paar Blockaden aufgelöst, die Personalien von ein paar Vermummten festgestellt. Und wo kamen die her? Alle aus dem Lager der Antifa, der Gegendemonstranten. Während die Vertreter von Kirchen und Gewerkschaften und die ganz normalen Lübecker ihren Protest offen ausdrücken, friedlich demonstrieren und ihre Meinung kundtun, gibt es immer wieder ein paar Radikale, die negativ auffallen. Sie wollen etwas Gutes und diskreditieren es durch ihr Auftreten. Das setzt den richtigen Widerstand in der Öffentlichkeit in ein schiefes Bild.

Anderes Beispiel, gleicher Effekt: Tierschützer setzen sich für ein artgerechtes Leben der Tiere ein, protestieren dagegen, wenn ihnen Schmerzen zugefügt oder sie unter unwürdigen Bedingungen gehalten werden. Das ist gut und richtig. Aber in ihrer Radikalität schießen Tierschützer mitunter weit übers Ziel hinaus. Bestes Beispiel sind die Hundetötungen in Rumänien, hierzulande als Mord bezeichnet. Die Tötungen sind grausam, aber sie haben einen guten Grund: Ein kleiner Junge wurde von streunenden Straßenhunden totgebissen. Es hat immer wieder Beißattacken gegeben. Ich weiß keine wirklich tiergerechte Lösung des Problems. Ich finde aber den Aufschrei von Tierfreunden über die Hundetötungen befremdlich, wenn dabei der Tod des Jungen und die Ängste von Passanten vor bissigen Straßenhunden ausgeblendet werden. Ähnliches habe ich gerade in unmittelbarer Nachbarschaft erlebt: Tierschützer haben eine Pferdehalterin wegen angeblicher Verwahrlosung ihrer Tiere öffentlich an den Pranger gestellt, obwohl Amtstierärzte ihr bescheinigt haben, dass die Tiere gesund und gut versorgt sind. In diesem Zusammenhang fiel das Wort von den Tierschutzfaschisten. Ein hässliches Wort. Ich würde es nie benutzen. Aber ich sehe daran, dass radikale Tierschützer mit ihrem öffentlichen Auftreten den guten Gedanken des Tierschutzes diskreditieren. Das hat er nicht verdient.

Letztes Beispiel, anknüpfend an meinen jüngsten Blogeintrag hier: die Radikalfeministinnen. Dazu ist nichts mehr hinzuzufügen, außer dass ich meinen Lesern noch zwei hervorragende Texte zu diesem Thema dazu ans Herz legen möchte: Tante Jay schreibt „Wenn der Troll den Troll trollt“ und Tiia „Lasst uns in Ruhe! Wir sollen so leben, wie wir sind.“

Mein Fazit: Allzu radikales Argumentieren und Handeln schreckt ab, wenn es darum geht, einer guten Sache Gehör zu verschaffen.

Ein Kommentar

  1. Ich habe auch schon erlebt das die Gegendemonstranten Leute bei den eigentlichen Demonstranten eingeschleust haben die dann dort etwas Unruhe stiften sollten.
    Ich denke dies war bei der Demo der Neonazis nicht der fall aber das Resultat war das gleiche.
    Ich finde es echt schade wie einige Antifas selbst nicht besser sind als viele Neonazis, was unterscheidet uns von den Rechten wenn wir sie niedertreten und die Menschenrechte außen vorlassen? Richtig, nichts! Deswegen finde ich sollten wir viel ruhiger rangehen und dem Staat mehr Druck machen anstatt es eskalieren zu lassen und dann gehts ja wieder nach hinten los !

    Sehe das ganze also genauso, schöner Beitrag.

    Grüße Toni

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