Dorfspaziergang Klingberg: Wo FKK zelebriert wurde

Winterzeit ist für mich die Zeit für Dorfspaziergänge. Diesmal war ich in Klingberg in der Gemeinde Scharbeutz unterwegs. Ein schöner Ort, und einer mit FKK-Geschichte. Davon war an einem kalten Tag Anfang März allerdings nichts zu spüren.

Der Ort mit seinen 1200 Einwohnern gehört zu den attraktiven sogenannten Dorfschaften im ehemaligen Kreis Eutin, der später im Kreis Ostholstein aufgegangen ist. Es sind Dörfer, die zu Großgemeinden gehören, in diesem Fall zu Scharbeutz. Klingberg, reizvoll am Großen Pönitzer See gelegen, gab sich an diesem nebligen Sonntagnachmittag allerdings eher gedämpft und abweisend. Leider kann man vom Haus des Kurgastes aus nicht am See entlang spazieren, da die Häuser an der Seestraße allesamt Seezugang haben und das Ufer nicht für Spaziergänger offen steht. Erst am Paul-Zimmermann-Park ein paar hundert Meter weiter führt der Weg wieder ans Ufer.

Das Haus des Kurgastes in Klingberg am Ufer des Größen Pönitzer Sees.
Das Haus des Kurgastes in Klingberg am Ufer des Größen Pönitzer Sees.

Ein schlichter Bau von hoher Qualität

Haus des Kurgastes und Paul-Zimmermann-Park sind die zwei Eckpunkte, die zu Klingberg gehören. Das Haus des Kurgastes ist ein schönes Beispiel schlichter Nachkriegsarchitektur und zeigt auch an einem diesigen Tag klare Linien und ästhetische Qualität. Die großen Fenster lassen viel Licht hinein. Das Gebäude dient den Einwohnern von Klingberg als Dorfgemeinschaftshaus. Neben der Architektur künden auch die Buchstaben an der Vorderseite von der Entstehungszeit des Gebäudes. Sie könnten allerdings mal eine Renovierung vertragen.

Schriftzug "Haus des Kurgastes"

Paul Zimmermann und die FKK-Kultur von Klingberg

Wer die Seestraße entlang marschiert, kommt zur Kleinen Waldschänke. Eines der ersten Zeugnisse von Paul Zimmermann, dem Mann, der die FKK-Kultur nach Klingberg brachte. Zunächst eröffnete er 1905 den Freilichtpark Klingberg, dann brachte er die Zentrale seiner lebensreformerischen Siedlung in einem Häuschen unter, das 1912 zum Dorfkrug Kleine Waldschänke umgebaut wurde. Gemäß der Philosophie von Zimmermann wurde es eine alkoholfreie und vegetarische Gaststätte. Die heutige Kleine Waldschänke war der Schweinestall der später abgebrannten Gaststätte. Heute ist das Häuschen Sitz und Veranstaltungsort des Kulturvereins Kleine Waldschänke Klingberg.

Die Kleine Waldschänke in Klingberg von der Rückseite gesehen.
Die Kleine Waldschänke in Klingberg von der Rückseite gesehen.

Paul Zimmermann gilt sogar als Gründer von Klingberg. Er wandelte den Ort in ein größeres FKK-Gelände um, errichtete dort Wohnhütten. 1928 sollen dort über 100 Menschen gewohnt haben, die dem nackten Leben frönten. Davon künden bis heute Fotos. Später driftete Zimmermann ins rechtsradikale Milieu ab, wurde zum Anhänger der Nazis.

Zimmermann zog auf einen benachbarten Bauerhof um. Der steht heute noch, beherbergt die Pferdepension Marlie. Ihr Eigentümer Wolfgang Marlie hat seine Reitergeschichte und die des Hofes in einem Buch festgehalten: Pferde – wie von Zauberhand bewegt*. Ich habe es mal gelesen und rezensiert, finde aber gerade weder den Artikel noch das – schon mehrmals verliehene – Buch wieder. Für Pferdeleute ist es jedenfalls eine lohnende Lektüre.

Badeanstalt mit schönem Seezugang

Mein kleiner Rundgang durch Klingberg endete an der Badeanstalt, die um diese Jahreszeit natürlich noch geschlossen und deren Gelände abgeschlossen ist. Wer über den Zaun guckt, sieht, wie schön sie am See gelegen ist. Selbst im trüben Licht dieses Tages. Im Sommer muss es dort wunderschön sein.

Blick auf den Steg der Badeanstalt Klingberg an einem nebligen Tag.
Blick auf den Steg der Badeanstalt Klingberg an einem nebligen Tag.

Man muss also nicht nackt sein, wie es einst Paul Zimmermann propagierte, um einen Tag in Klingberg zu genießen. Ein bisschen schöner hätte das Wetter bei diesem Dorfspaziergang aber sein dürfen.

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