Kurz vor Seniorenkaffee

Das mit dem Älterwerden ist so eine Sache. Niemand kommt drumherum, aber die meisten merken es im Alltag gar nicht, dass jedes Jahr ein Jährchen Lebensalter hinzukommt. Ich bin gerade von einer Terminankündigung aufgeschreckt worden, wie sie regelmäßig in die Redaktion kommen: Einladung zum Seniorenkaffee für Menschen ab 60.

Nur im Verhältnis zu anderen Menschen wird uns manchmal bewusst, dass wir schon wieder ein bisschen älter geworden sind. Immer dann, wenn Vertreter von Berufsgruppen schon immer älter waren als wir. Ich weiß es noch aus meiner Zeit als Gerichtsreporterin: Erst waren plötzlich die Staatsanwälte jünger als ich, dann die Beisitzer, jetzt sogar die Vorsitzenden Richter.

Alte Männer sind jünger geworden

Ähnlich ist es mit Politikern. Als Teenager waren sie für mich alle alte Männer, genauer: uralte Männer. Heute liegt das Durchschnittsalter deutscher Politiker nur ein, zwei oder drei Jährchen über meinem Alter, bei der FDP und den Grünen sogar darunter. Ähnlich ist es beim Elternabend in der Schule. Die junge Frau da vorne soll wirklich eine Lehrerin sein?

Mitunter frage ich mich, ob ich solche Jungspunde wirklich ernst nehmen soll. Dann rufe ich mich innerlich zur Ordnung und überlege mir, wie ich mich gefühlt hätte, hätte man mir mit Mitte 30 mangels Lebensalter die Kompetenz abgesprochen.

Nicht mehr weit bis zum Seniorenkaffee

Alles ist also eine Frage der Perspektive. Dumm nur, dass sich die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte so gründlich verändert. Aber es gibt noch Hoffnung. Bisher sind noch sehr viele Menschen älter als ich, und auch bis zur ersten Einladung zum Seniorenkaffee, traditionell verschickt an Bürger ab 60, sind es noch ein paar klitzekleine Jährchen Monate hin.

Richtig alt bin ich erst, wenn selbst 100-Jährige jünger sind als ich. Übrigens: Der Schriftsteller und Philosoph Ernst Jünger starb im Alter von 102 Jahren. Und sah immer noch (J)jünger aus.

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