Hass im Herzen: Fassungslos über Hate-Speech-Ausbruch

Ich bin fassungslos. Ich verfolge die Vorgänge um die Open-Mind-13-Konferenz der Piratenpartei und staune nur noch. Ich habe lange überlegt, ob ich etwas dazu schreiben soll. Erst wollte ich es nicht. Was ich da lese, lässt mich aber nicht mehr los. Weil ich es nicht verstehe. Ich verstehe nicht, wie Menschen sich so benehmen können. Das ist mir vollkommen fremd, und deshalb erschüttert es mich so sehr.

Ausgangspunkt ist ein Vortrag von einer jungen Frau, die über Hate Speech, über Hasssprache, referiert. Er steht unter dem Titel „Ihr gehört nur mal ordentlich durchgevögelt“, und darin zitiert sie Beleidigungen, die öffentlich im Internet stehen und sich gegen Frauen richten, die sich gegen Sexismus verwahren. Die Äußerungen sind mit Quellenangabe, also mit Verfasser, versehen. Oft ist von dem oder der aber nur ein Nickname, ein Netzname, sichtbar. Ich weiß nicht genau, was dann passiert ist, aber wie ich mit einem Auge verfolgt habe, haben sich die Autoren der beleidigenden Äußerungen offenbar darüber aufgeregt, dass sie öffentlich zitiert wurden. Dass sie angeblich angeprangert wurden. So weit, so schlecht. Seitdem tobt im Netz eine hässliche Debatte darüber, wer wem was zuerst angetan hat oder wer wen bedroht hat und wer moralisch im Recht ist mit seiner Kritik.

Ich will hier gar nicht aufdröseln, was da genau abläuft. Ich stecke nicht drin in dieser Debatte, ich bin weder Feminstin noch Maskulist – ein Wort, das ich bis vor ein paar Wochen noch gar nicht kannte – und ich habe mit beiden Gruppen nichts zu tun. Ich bin nur stille Beobachterin. Zunehmend erschüttert. Wie kann man nur so bösartig sein? Wie kann man sich nur so in etwas hineinsteigern? Wie kann man nur so verbohrt, so niederträchtig, so beleidigend sein? Wo bleibt die Gelassenheit? Wo die Menschenfreundlichkeit, die Herzenswärme – ich weiß, altmodischer Begriff -, die Vernunft? Und zwar, und dafür werde ich wahrscheinlich selbst verbale Schläge einstecken – auf allen Seiten dieser aufgeheizten Diskussion. „Jeder blamiert sich so gut er kann“, heißt es in meiner Familie. Ich kann verstehen, dass Menschen sich durch Sprüche, Drohungen, sexistische Äußerungen geängstigt und in ihrer Lebensqualität eingeschränkt fühlen. Ich kann nachvollziehen, dass Menschen Angst, und zwar schlimme, das Leben vergiftende Angst haben, wenn ihnen Gewalt angedroht, sie beleidigt oder heruntergemacht werden. Ich finde, solches Verhalten gehört geächtet. Diese Menschen müssen in ihre Schranken gewiesen werden, mit rechtlichen Mitteln. Was ich nicht nachvollziehen kann ist das gegenseitige immer weiter beschimpfen, verachten, runtermachen. Sich alles mögliche vorwerfen.

 

Ich habe viele der Äußerungen gelesen. Und ich bin angeekelt. Warum denken Menschen so? Warum hassen sie so sehr, dass sie sich zu Äußerungen versteigen, die nicht akzeptabel sind? Warum wird aus jedem Fehlverhalten anderer ein Drama gemacht, als ginge die Welt unter. Viele der Mechanismen, die bei der OMG13-Debatte deutlich geworden sind, fielen mir im Traum nicht ein. Nie. Nicht, weil ich ein besserer Mensch bin. Sondern weil ich nachempfinden kann, wie Menschen sich fühlen, die so angegangen werden. Ich wünsche uns allen etwas mehr Gelassenheit und Vernunft. Auch die Vernunft, auf Empörung nicht immer mit Gegenempörung zu reagieren. Warum lassen Menschen andere Menschen nicht einfach so leben und denken, wie sie wollen. Und warum können sie nicht nachfühlen, wie andere sich fühlen, und einfach akzeptieren, dass jeder Mensch anders ist? Ich weiß darauf keine Antwort.

2 Kommentare

  1. Hallo Sabienes,
    ich beobachte seit einiger Weile diese und weitere Feminismus-Debatten und kann nur immer wieder den Kopf schütteln. Es gibt wohl kaum etwas, wo eifriger und übereifriger debattiert und diskutiert wird wie bei diesem Thema. Mit den genannten Auswüchsen, die immer wieder vorkommen.

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