Sudel-Twitter, nein danke

Ja, ich bin Twitter-Jünger. Ich finde diesen Kurzmitteilungsdienst, wie er auf deutsch ein wenig geschraubt heißt, sehr gut. Es macht Spaß, mit Leuten aus der ganzen Republik und darüber hinaus in regelmäßigem Kontakt zu stehen und online zu plaudern. Ich mag auch das Netz mit seinen vielfältigen Möglichkeiten. Und seinen Perlen. Was ich nicht mag, sind  Ergüsse, die mit Geist so gar nichts zu tun haben. Das Wort geistige verkneife ich mir in diesem Zusammenhang, denn Geist atmet nicht daraus, aus den Netzpolemiken, die uns der Fall Wulff und der Nichtfall Gauck vorgeführt haben.

Ich will hier nicht die Causa Wulff aufwärmen oder Joachim Gauck loben oder kritisieren. Da halte ich mich raus und bilde mir eine Meinung, die ich nicht jedem mitteilen muss und will. Aber ich plädiere hier für ein wenig mehr Nachdenken, ein wenig mehr Menschlichkeit und dafür, den ersten Artikel des Grundgesetzes immer und überall zu beachten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Tatsächlich? Die Würde wird im Netz jeden Tag vielen, vielen Menschen abgeschnitten. Es gibt Tweets auf Twitter, die lassen mich nur mit dem Kopf schütteln. Ich will sie hier nicht wiederholen. Ich bin erschüttert. Was für ein Gesudel. Wie wird da über andere hergezogen? Das ist eines Menschen unwürdig.

Das sehen auch andere so:

 

 

 

Die Vorteile des modernen Internets liegen darin, dass jeder seine Meinung veröffentlichen kann. Das ist grundsätzlich erst einmal gut und richtig. So entsteht Meinungsvielfalt über Diskussionsrunden und Stammtische hinaus. Im Netz kann ich nicht einen oder zwei Kommentare zu einem Thema lesen, sondern ganz viele. Auf dass sich am Ende eine eigene Meinung herausbildet. Ich kann verschiedene Betrachtungsweisen zu einem Thema finden, und weiß, wie Künstler, Politiker, Journalisten oder Lieschen Müller über das Wetter, den Bundespräsidenten, die Euro-Rettung oder die Bundesliga denken. Schön. Das muss auch so bleiben.

Was nicht bleiben muss, sind die oben erwähnten ungeistigen Ergüsse. Zwar sagen sie mehr aus über den, der sie schreibt, als über den, der da kritisiert, ach was, runtergemacht wird. Jeder blamiert sich halt so gut er kann, und bei Twitter stehen der Name und der Avatar vor dem Tweet. Damit kein Zweifel aufkommt, wer da über einen anderen einen Kübel verbalen Mist ausschüttet. Ich habe solche Leute zum Glück nicht in meiner Timeline, und wenn ich sie hätte, wären sie die längste Zeit drin. Ich muss so etwas nicht lesen. Twitter soll Spaß machen, dabei will ich mich nicht ärgern.

Mein Appell: Liebe Leute, erst denken, dann schreiben, dann auf „veröffentlichen“ klicken. Besser noch: Den Text erst einmal eine Weile abhängen lassen und dann noch einmal lesen. Es müssen ja nicht gleich 24 Stunden sein, wie eine Regel für besseres Schreiben nahe legt.

Beim Denken dann bitte noch ein altes Sprichwort bedenken: „Was Du nicht willst dass man Dir tut, das füg‘ auch keinem andern zu.“

Ein Kommentar

  1. Du hast eine superangenehme Schreibe – nicht so künstlich komplex oder hachtrabend wichtigtuerisch :) und auch optisch gefällt mir Dein Blog sehr gut. Gutes Vorbild!

    Herzlichen Dank für die Mühe. Eine Bereicherung im Netz.

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