Die Renaissance der Schwarzweiß-Fotografie

Es gibt Fotografen und Fotografen. Pressefotografen, Hochzeitsfotografen, Sportfotografen, Konzertfotografen und Fotografen, die sehr künstlerisch arbeiten. Ich verfolge viele Fotografieblogs, weil mich Fotografie interessiert. Beim Beobachten ist mir aufgefallen, dass es einen Trend zu Schwarzweiß-Fotos gibt. Ist das der neue Stil in der Fotografie?

Einige der größten Werke der Fotografie sind in Schwarzweiß gehalten – auch deshalb, weil es damals noch keine Farbfilme gab oder sie nicht erreichbar oder viel zu teuer waren. Ich denke etwa an die Bilder der großen Fotokünstler oder Kunst-Fotografen Henri Cartier-Bresson, an den von mir so sehr geschätzten August Sander, den nicht minder geschätzten Man Ray oder Alexander Rodtschenko. Ihnen standen nur Schwarz, Weiß und Grau zur Verfügung. Ein Schicksal, dass ich über Jahre mit ihnen teilte, allerdings in ganz anderem Zusammenhang. Und ich will mich beileibe nicht mit ihnen auf eine Stufe stellen.

Ich habe über Jahrzehnte für Zeitungen fotografiert. Immer in Schwarzweiß, denn Farbe konnten und wollten Zeitungen lange Zeit gar nicht drucken. Zu teuer, zu aufwändig. Das war aber gar nicht schlimm, wenn es um sogenannte Erschießungsfotos ging. Das sind diese schrecklichen Bilder, auf denen sich Leute vor einer Wand aufgereiht haben, um fotografiert zu werden. Nicht schön, aber unverzichtbar. Schwarzbrot für den Fotografen, und kein Drama, dass es sie nur ohne Farbe gibt. Die habe ich beim Kuchen aber schmerzlich vermisst. Wie kann man über eine Ausstellung von Ölgemälden berichten, ohne sie in Farbe zeigen zu können? Was bleibt von einem Blumenmeer übrig, wenn Rot, Gelb und Blau fehlen? Was vom Großfeuer, wenn die Flammen nicht so richtig farblich glühend in den Nachthimmel schlagen? Wer nicht farbig fotografieren darf, vermisst viel.

Das hat sich bei den meisten Zeitungen inzwischen geändert. Da reicht das Spektrum von einigen Farbbildern bis dahin, dass alle Fotos in Farbe gezeigt werden. Das ist schon lange bei Privatfotos der Fall – meine Fotos, die ich mit meiner ersten Kamera gemacht habe, waren alle noch schwarzweiß, Farbfilme waren viel zu teuer fürs Taschengeld-Budget. Farbfotos jetzt also allerorten? Grundsätzlich ja. Vielleicht ist das der Grund für die Renaissance der Schwarzweiß-Fotografie.

Wobei Fotografie übertrieben sein dürfte. Fotografiert wird natürlich in Farbe, es sei denn, man stellt die Kamera um. Ich weiß nicht, wie es die Schwarzweiß-Jünger handhaben, aber ich vermute, sie ziehen die Farbe erst bei der Nachbearbeitung aus den Bildern.

Was mich hier bewegt, sind aber nicht die technischen Fragen. Die lassen sich lösen. Ich frage mich, was den Trend zur Schwarzweiß-Fotografie auslöst. Sind wir der Farben überdrüssig? Ist unsere Welt zu bunt? Muss das Auge ausruhen können? Es gibt viele faszinierende Schwarzweiß-Aufnahmen, die durch Farbe viel von ihrer Kraft verlieren würden. Es kommt halt wie so oft in der Fotografie auf das Motiv an. Wo ist Farbe angebracht, wo wird die Bildaussage durch Grauwerte fokussiert, sublimiert, aufs Wesentliche reduziert? Das muss jeder Fotograf für sich selbst entscheiden. Ich selbst habe lange gezwungenermaßen Schwarzweiß fotografieren müssen, mir treibt die Farbe niemand aus. Ich habe aber beim Betrachten von Fotowettbewerben im Netz festgestellt, dass allein die Tatsache, dass ein Bild farbig ist, offenbar seine Chancen schmälert, ganz vorne zu landen. Der Trend setzt sich also durch. Soll er. Ich habe nichts dagegen und freue mich auch an guten Schwarzweiß-Fotos. Ich muss sie ja nicht machen.

Bei der Blogtimes-Fotoaufgabe Winter wurden 35 Fotos eingereicht, davon 16 in Schwarzweiß. Platz eins und drei belegten Schwarzweiß-Bilder.

Blogtimes stellt ebenfalls die Frage nach der Bildwirkung von Schwarzweiß und Farbe.

Michael Zoll hat sich ausschließlich der Schwarzweiß-Fotografie verschrieben.

Torsten Andreas Hoffmann hat sogar ein Lehrbuch über Schwarzweiß-Fotografie geschrieben, die ersten 85 Seiten sind kostenlos als E-Book bei Fotografr.de abzurufen.

Technische Anleitungen zum Entfärben der Bilder gibt es auf Digitalkamera.de

Der Fotograf Dieter Gotzen sieht ebenfalls den Trend zur Schwarzweiß-Fotografie und vermutet, die Nachfrage danach werden explodieren.

Was glaubt Ihr: Warum erlebt die Schwarzweiß-Fotografie eine Renaissance? Was ist für Euch der Reiz an unbunten, aber deshalb nicht farblosen Fotos? Welche bevorzugt Ihr?

Ein Kommentar

  1. Hallo in den Norden,

    da ich in diesem Artikel erwähnt werde, hier ein Statement.

    Schwarz-Weiß-Fotografie ist die Wurzel der Photographie. Natürlich nicht gewollt, denn seinerzeit konnte man halt keine farbigen Fotos herstellen. Und wie schwer sich die Farbfotografie in ihrer Platzierung tat, sieht man schön an den Farbbildern der 70er/80er Jahre. Fast alle besitzen einen grauenvollen Farbstich oder wirken Flau. Das heisst letztendlich, dass die heutige Farbfotografie relativ neu ist. Zumindest was die Bildstabilität und Farbechtheit betrifft. Erst seit wenigen Jahren haben wir die Papiere und Chemie, um Farbfotos dauerhaft herzustellen.

    Anders dagegen SW-Fotos. Selbst nach 40 Jahren gibt es kaum Veränderungen an den Negativen und Positiven. Das mal so zusammengerafft was die technische Seite betrifft. Richtige Fotografien in SW gehören heute mit zu den schwierigsten Aufgaben eines Photographen. Denn im ganzen digitalen Wahnsinn geht der Spürsinn und Geschicklichkeit für das Bild verloren. Dies ist ein Grund, warum mein Studio nach wie vor auf analoger Basis arbeitet. Einen SW-Print zu erstellen kann mehrere Wochen dauern, bis ein endgültiges Ergebnis vorliegt. Und die Qualität der Aufnahme beginnt schon mit der Wahl des Filmes. Greif ich hier daneben, dann war´s das. Hinzu kommen dann noch Filter, die Wahl der Papiere und der
    Chemie. Apropo Chemie: ein Irrglaube wäre zu meinen, dass die Chemie so richtig giftig sei. Ein oftmals zu lesendes Argument der digitalen Knipserproduzenten. Wir arbeiten heute auf Kaffeebasis, garniert mit Vitamin C-Entwicklern von Kodak. Eine Waschmaschine dürfte 100x schlimmer sein.

    Auf der Suche nach Werten, Stabilität und Faszination hat ein Teil meiner Kunden die Schwarzweiss-Fotografie für sich (wieder)entdeckt. Von Portrait bis hin zur Werbeaufnahme ist alles vertreten, wenn auch im überschaubaren Rahmen.

    Möchte man einen Vergleich zwischen Farb- u. Schwarzweiss-Fotografie herstellen, kann man dies gut mit Hilfe der Musik. Farbfotografie ist Rock´n Roll, Queen und Rolling Stones. Farbberauschend, motivierend, schweißtreibend. SW-Fotografie ist Oper und Operette. Beruhigend, sinnlich,tiefgründig. Mit der Stimme von Paul Potts. Beide Genres ergänzen sich heute mehr denn je.

    Herzliche Grüße

    Dieter Gotzen

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