Mission Trossin: Erinnerung an den spendablen Ahnherrn

Die Kirche von Trossin: Erbaut 1772 und bezahlt von Christian Gottlob Frege I.

In der Kirche von Trossin (Kreis Nordsachsen) hängt eine neue Gedenktafel. Sie erinnert an Christian Gottlob Frege I., keinen unmittelbaren Vorfahren von mir, aber einen Träger meines Geburtsnamens und einer aus der mehr oder weniger berühmten Familie Frege. Mein Vater, Christian Frege, hat die Gedenktafel gestiftet und ich habe sie mit ihm dorthin gebracht. Das war die Mission Trossin.

Die Familie Frege veranstaltet regelmäßig Frege-Treffen. Der Ort dieser Treffen hat immer etwas mit der Familiengeschichte zu tun. Vor einigen Jahren war Trossin das Ziel. Christian Gottlob Frege I. (über Generationen trugen die Familienoberhäupter den Vornamen Christian Gottlob) war Bankherr in Leipzig, immens reich, und er heiratete zudem reich. Das Rittergut Trossin hat er sich erheiratet, ebenso die Titel Gerichtsherr und Kirchenpatron. Dass der reiche Frege nicht auf seinem Geld hockte, sondern es auch zum Wohle seiner Mitmenschen ausgab, davon kündet die Gedenktafel. Der erste Textabschnitt lautet:

„Im Kirchturmknopf liegt die Urkunde von 1776, die bezeugt, dass Christian Gottlob Frege I., der damalige Gutsbesitzer, überwiegend aus eigenen Mitteln 1772 diese Kirche und 1776 den Turm, außerdem das Pfarrhaus und sechs Häuser des Gutes neu gebaut hat. Durch Verwüstung im 30-jährigen Krieg und später durch Feuersbrunst 1729 war Trossin in schlechtem Zustand. Vorher stand an gleicher Stelle eine Holzkirche, die baufällig war. Frege war Bankherr in Leipzig und hatte es durch Fleiß, Geschick und Rechtschaffenheit zu Ansehen, Einfluss und Reichtum gebracht. Durch Erbe und Heirat wurde der „Rittergutsbesitzer“ in Trossin, auch Gerichtsherr und Kirchenpatron. Es stand ihm gut an, sich und seine Familie mit einem Wappen zu schmücken, das ihm 1770 für seine Verdienste vom Kaiser Joseph II. von Wien verliehen wurde.“

Auf der Gedenktafel sind neben diesem Text ein Kupferstich-Porträt von Christian Gottlob Frege I. und das Wappen abgebildet.

Teil zwei des Textes handelt von Familie Küstner:

„Freges Tochter Erdmuthe Christiane erbte das Rittergut Trossin und heiratete 1785 Dr. jur. Ernst Wilhelm Küstner. Seitdem war Trossin über fünf Generationen in den Händen der weit verzweigten Familie Küstner, die vielfältige Baumaßnahmen an Schloss und Wirtschaftsgebäuden durchführte und den Ort prägte. Letzter Besitzer war Moritz Wilhelm Christian Küstner, der 1945 bei Enteignung Trossin verlassen musste. Das Schloss war vergleichsweise nicht prunkvoll. Weder bei Frege noch bei Küstners war es ein Ort von großartiger Repräsentation. Landwirtschaft, geschäftliche Entwicklung und Nebenbetriebe (Vitriolwerk, Brennerei, Ziegelei) standen im Vordergrund. Viele Menschen hatten Arbeit.“

Dr. Roland Küstner aus Erfurt, der Sohn von Moritz Küstner, hatte die Idee zu der Tafel gehabt, war aber gestorben, bevor dieses Vorhaben umgesetzt werden konnte. Mein Vater hat seinen Wunsch erfüllt, die Tafel gestiftet und sie jetzt übergeben. Ich habe den 84-Jährigen dorthin gefahren, weil er persönlich die Tafel überreichen wollte. Er hat sie entworfen, lange am Text gearbeitet, an der Anordnung und sie schließlich in Auftrag gegeben und bezahlt.

Die Ausstattung der Kirche befindet sich noch im Originalzustand. Auch sie wurde von Christian Gottlob Frege I. gestiftet.

Entgegengenommen haben die Tafel die Küsterin und Heinz Wendt, ehemaliger Kirchenvorstand, pensionierter Bauunternehmer und seit 47 Jahren Leiter des Posaunenchors von Trossin. Er ist mit Roland Küstner zur Schule gegangen. Wendt weiß aber auch zu erzählen, dass die Familie im Krieg in Leipzig wohnte, 1943 ausgebombt wurde und deshalb zurück aufs Gut der Familie nach Trossin kam. Zunächst zogen die Küstners ins Schloss, dann kamen die Russen, vertrieben die Besitzer von dort. Die Familie fand im Pfarrhaus Unterschlupf, bis sie 1949 Trossin verließ. Damit endete die lange Reihe der Privatbesitzer, Trossin wurde Volkseigenes Gut (VEG)

Vom alten Frege kündet nichts in Trossin, außer der von ihm gestifteten Kirche, was jetzt an der Wand zum Turm dank der Tafel sichtbar ist. An die Küstners erinnern drei bleiverglaste Kirchenfenster, die ein Ernst Küstner in Erinnerung an seine Eltern gestiftet hat. Porträts, vermutlich der Eltern, nicht des Stifters und seiner Frau, sind in eines der Fenster eingelassen.

Das einstige Rittergut war zu DDR-Zeiten ein sogenanntes VEG, ein Volkseigenes Gut, mit Landwirtschaft, unter anderem einer großen Milchwirtschaft mit 2000 Kühen. Nach der Wende wurde das Gut privatisiert. Heinz Jasniak hat es von der Treuhand gekauft, produziert dort Mittelwände für Bienenwaben und betreibt einen Imkereifachhandel. Der ebenfalls 84-Jährige hat noch heute 50 Bienenvölker, den Betrieb leiten jetzt seine Tochter Ramona Fischer und ihr Mann Olaf Fischer.

Das „Schloss“ Trossin: Das Herrenhaus des Rittergutes war stets eher praktisch als repräsentativ.

Mitglieder der Familie Frege sind nur noch Besucher auf Trossin. Nachfahren und entferntere Verwandte leben in ganz Deutschland verstreut, viele von ihnen waren oder sind bedeutende Persönlichkeiten. Der berühmteste ist der Mathematiker und Philosoph Friedrich Ludwig Gottlob Frege, der in Bad Kleinem lebte und in Wismar begraben liegt. Ein anderer berühmter Frege ist Campino, Sänger und Gesicht der Band „Die toten Hosen“, mit bürgerlichem Namen Andreas Frege. In Leipzig erinnert das Fregehaus an Christian Gottlob Frege II., den Sohn von Christian Gottlob Frege I. Und auch ich trug einst den Namen Frege, habe ihn mir aber weggeheiratet.

Die Familie kann ihren Stammbaum dank schriftlicher Dokumente bis zum 30-jährigen Krieg zurückverfolgen. In unserer Familie künden „die Ahnen“ von dieser langen Reihe.

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