An den Reglern drehen: Wie viel Fotobearbeitung ist erlaubt?

Thomas vom Blog reisen-fotografie.de hat zur Blogparade „Wie weit darf Fotobearbeitung gehen?“ aufgerufen. Eine Frage, die er wenig später unter dem Titel „Fotobearbeitung – was ist erlaubt?“ sehr ausführlich selbst beantwortet hat. Das ist ein Thema, das auch mich bewegt und mich auch schon zu Blogposts animiert hat. Dennoch will ich Thomas‘ Frage noch einmal beantworten, obwohl ich in vielem mit seiner lesenswerten Antwort übereinstimme.

Collage Strohballen Rundballenzange
Entsättigt, normal oder übersättigt – was ist hier richtig oder schön?

Zunächst zum Begriff „erlaubt“. Wer oder was erlaubt uns etwas, wenn es um Fotobearbeitung geht? Da ist keine höhere Instanz, die uns auf die Finger klopft und sagt: „Das darfst du nicht.“ Nur unser eigener Geschmack, die Wünsche eines Kunden (dazu gehört auch die Zeitung, für die ich fotografiere) oder Ablehnung oder Zustimmung in Fotoforen oder sonstwo im Netz regeln, was wir mit Fotos tun, tun dürfen oder nicht tun sollten. Da liegt Thomas‘ Ansatz, und da liegt auch meiner.

Entscheidend ist immer der Empfänger. Wenn ich Fotos für die Zeitung mache, ist manipulieren, ja sogar zu starkes Drehen an den Reglern für Kontrast, Tiefen oder Lichtern verboten. Gerade mal erlaubt: den Horizont gerade rücken – wer will schon, dass die Ostsee ausläuft? – und etwas Beschnitt. Bei Porträtfotos, die ins Archiv sollen und immer mal wieder gedruckt werden, stempele ich schon mal einen Pickel oder ein Herpes-Bläschen weg. Mehr ist nicht erlaubt.

Ganz anders sieht es aus, wenn ich für mich selbst Fotos bearbeite. Ich mag starke Farben, starke Kontraste, kann mit Schwarzweiß und entsättigten Bildern wenig anfangen. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber grundsätzlich mag ich es eher etwas kräftiger. Dass ich dabei manchmal übers Ziel hinausschieße, weiß ich.

Ich weiß aber auch, dass niemand mit Fotos, wie sie aus der Kamera kommen, so richtig punkten kann. Welches sind die Fotos, die im Netz am meisten geliebt, besternt, kommentiert werden? Die, die nachbearbeitet sind, und zwar meistens die, bei denen kräftig eingegriffen wurde. Bilder out of cam sind oft flau, flach, langweilig. Und wer mit RAW fotografiert, muss sowieso ran an die Regler.

Ich gehe aber noch weiter und stempele schon mal störende Bildelemente weg – immer mit der Einschränkung, dass es um Fotos für meinen privaten Gebrauch geht. Warum soll ich mich immer wieder beim Betrachten eines Bildes über eine Stromleitung quer überm blauen Himmel, über Mülleimer am Seeufer oder gar über Sensorflecken ärgern. Einmal entdeckt, wandert der Blick immer wieder dorthin. Nein, dann lieber gleich beseitigen.

Noch ein Wort zum Thema Wahrheit: Zeigen Fotos die Wirklichkeit, so wie sie wahrhaftig ist? Nein, niemals. Nicht mal unsere Augen zeigen uns die Welt, wie sie wahrhaftig ist. Warum also soll die Fotografie das leisten? Wenn wir sie von dieser Pflicht befreien, haben wir auch das Recht, unsere Fotos so zu bearbeiten, wie wir die Welt sehen oder wie sie uns gefällt.

2 Kommentare

  1. Hi Susanne,

    vielen Dank für Deinen Beitrag zu unserer Blogparade.

    Schön, mal eine Meinung vom Profi zu lesen. Das wusste ich z.B. nicht, dass Bearbeitungen für Print (?) Medien so untersagt sind.

    Besonders gut hat mir der Hinweis mit der fehlenden „höheren Instanz“ gefallen. Das ist ein klasse Satz, den man in Marmor meisseln sollte und manchen Kritiker rechts und links um die Ohren hauen. Denn manchen von denen halten sich oft für ein höheres Wesen mit dem einzig richtigen Blick für die Fotografie.

    LG Thomas

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