Pressearbeit der Bundeswehr: Kommando Block und Bleistift

Einst ein Horror für mich, heute ein Vergnügen: Berichterstattung über die Bundeswehr ist ein überaus reizvolles journalistisches Feld. Zumal die Truppe in den vergangenen Jahrzehnten viel dazu gelernt hat. Das habe ich spätestens in meinem Afghanistan-Einsatz erlebt.

Es war das große Abenteuer meines Lebens: 2006 – damals war das noch viel gefahrloser möglich als heute – bin ich dienstlich in Afghanistan gewesen. Ein Land, das mich schon immer fasziniert hat, obwohl ich es nie vorher besucht habe. Aber ich bin in den 1990er-Jahren in Pakistan gewesen. Eine wahrlich beeindruckende Reise. Afghanistan liegt gleich nebenan, ist in vielem ähnlich, aber der Krieg, der dort tobte, machte einen Besuch lange unmöglich. Dann ergab sich die einmalige Chance, mit Hilfe der Bundeswehr dorthin zu reisen.

Afghanistan im Juni 2006: Bei 38 Grad mit Stahlhelm und Splitterschutzweste.
Afghanistan im Juni 2006: Bei 38 Grad mit Stahlhelm und Splitterschutzweste.

Ich will hier nicht darüber schreiben, wie so eine Reise abläuft, das hebe ich mir für später auf. Die Reise hat mich etwas gelehrt, was ich als langjährige Journalistin nicht für möglich gehalten hätte: ordentliche Pressearbeit von der Truppe.

Sie waren immer mein Horror: Termine bei der Bundeswehr. Kommandeurswechsel oder Appelle, Feier- und Abschiedsstunden, etwa bei der Auflösung von Kasernen nach dem Fall des eisernen Vorhangs, gerieten mir als Frau und damit als Ungediente regelmäßig zum Spießrutenlauf. Jede Frage, die jeder Journalist stellen muss – Vorname von Herrn Oberst? Nein, „Oberst“ ist kein Vorname – oder gar nach dem Dienstgrad wurde mit einer hoch gezogenen Augenbraue kommentiert. Wie, keine Ahnung? Zeit hatte auch nie jemand für die Leute von der Presse. Störte eher, dass die Reporter da waren.

Das hat sich grundlegend geändert. Heute verfügt die Bundeswehr über eine ganze Riege professioneller Pressesprecher. Sie bildet sogar welche aus, ich habe mal eine Mail bekommen, die unterschrieben war mit „Bootsmann xxx, Pressesprecher in Ausbildung“. Wobei Pressesprecher nicht ganz richtig ist. Die Medienleute von der Bundeswehr sind auch dazu da, Pressewünsche so zu kanalisieren, wie es der Truppe genehm ist. Das machen sie mehr oder weniger geschickt.

Und doch, einige der Presseoffiziere machen einen tollen Job. Oberstleutnant Frank S., der mich im afghanischen Kunduz unter seine Fittiche nahm, ist so einer. Er weiß aus Erfahrung genau, was Journalisten wollen. Er hat mich auf Patrouillenfahrt mitgenommen, damals war das noch wesentlich ungefährlicher als heute. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass er mir alles zeigte, alles erklärte. Zurück im Camp, stellte er mir nicht nur sein Büro samt Rechner zum Schreiben zur Verfügung, sondern auch erst Tee, später am Abend Bier vor mich hin. Als ich ihn einige Monate später in Deutschland noch einmal wieder traf, verriet er mir, dass er mich sehr wohl stets fest unter seinen Fittichen hatte. Damals beklagte ich mich bei ihm darüber, dass mir ein anderer Presseoffizier stets auf den Füßen stand. Frank S. hatte zwar ebenfalls alles im Blick, aber unmerklich für mich. Er ist halt ein Profi.

Auf Patrouille in der Nähe von Kundus.
Auf Patrouille in der Nähe von Kundus.

Ganz anders jener Presseoffizier, von dem eben schon die Rede war. Ein Kapitän der Bundesmarine, der mich auf Zypern zum Zwecke einer Unifil-Reportage begleitete und der mir stets hinter den Hacken stand. Dazu hatte er einen jungen Luftwaffenoffizier im Schlepp, der ebenfalls Pressesprecher sein wollte, aber eher wie ein Presseverhinderungssprecher fungierte.

Unifil-Einsatz zwischen Zypern und dem Libanon.
Unifil-Einsatz zwischen Zypern und dem Libanon.

Aber mal abgesehen davon: Die Truppe hat gelernt. Heute liefert sie Vornamen, ausgeschriebene Dienstgrade, ordentliche Pressetexte und sogar eine Art Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit. Da werden doch tatsächlich Handynummern herausgerückt. Und ich verrate mal etwas: Es gibt sogar Leute bei der Truppe, die einem etwas stecken, die man auch mal am Wochenende oder abends herausklingeln kann und die einem zumindest mit einem guten Tipp weiterhelfen. Was will man als Journalistin mehr? Dass der eine oder andere lokale Presseunteroffizier noch ein wenig zu lernen hat, sei bei der großen und positiven Linie verziehen. Ein dezenter Hinweis genügt meistens, um beim nächsten Mal das gewünschte Ergebnis zu bekommen.

Die Professionalität geht aber noch viel weiter. Heute liefert die Bundeswehr nicht nur Informationen. Sie stellt Fotos zur Verfügung, sie liefert Podcasts und manchmal sogar Videos. Besonders eifrig ist auf diesem Gebiet die Marine. Darüber hinaus hat jedes PIZ, jedes Presse- und Informationszentrum der Bundeswehr seine Qualitäten.

Vielleicht hat die deutsche Truppe von den Amis gelernt. Die US Army betreibt eine intensive Pressearbeit und ein umfangreiches Internetportal, an dem man sich mit Fotos und Filmen bedienen kann. Mal gucken? Hier ist der Link zur US-Army-Mediaseite.  Und hier geht es zur Bundeswehrseite.

Die ist etwas weniger glamourös als die amerikanische, aber bis jetzt habe ich noch jede Information und jeden Ansprechpartner gefunden. Was besonders in ernsten Lagen wichtig ist, wenn es einen Anschlag gegeben hat oder einen Skandal. Ich erinnere nur an die Totenkopf-Affäre in Afghanistan. Selbst in solchen Fällen verschanzt sich das Militär nicht mehr, sondern pflegt eine offene Pressearbeit. Diese Professionalität reicht bis ins Verteidigungsministerium.

Einen Nachteil gibt es allerdings: Die Truppe verschiebt ihre Leute viel zu oft. So manchen Pressesprecher habe ich plötzlich an ganz anderer Stelle wiedergefunden, als ich ihn vor zwei, drei, vier Monaten noch erreicht hatte. Das macht es nicht immer einfach, einmal aufgebaut Kontakte zu halten.

Leider ist mir die Truppen-Berichterstattung in jüngster Zeit ein wenig abhandengekommen. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, bin ich gern wieder dabei.

Die Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation bietet Seminare für Journalisten an.

2 Kommentare

  1. Seit die Bundeswehr ihre Rekruten wirklich anlocken muss weil die Wehrpflicht weggefallen ist, müssen sie sich natürlich anders geben als zuvor. Ich kann mir aber gut denken, dass die Kooperation da aufhört, wo man kritsich berichten will.

  2. Einspruch: Sogar bei kritischen Themen gibt sich die Truppe mittlerweile offen. Wie schädlich schlechtes Krisenmanagement ist, hat ihnen schließlich mal ein Verteidigungsminister eindrucksvoll vorgeführt.

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