Das Monster: Meine erste Digitalkamera

Das digitale Foto-Zeitalter begann für mich mit einem Monster. Dieses Monster hat mich jetzt wieder angesprungen. Da werden Erinnerungen wach an den Tag, als die Fotografie für mich – und für viele andere – revolutioniert wurde. Zunächst mit erheblichen Problemen. Denn der Mensch hat nur zwei Hände.

Es war 1999. 20 Jahre Pressefotografie lagen hinter mir. Wie es damals, in den analogen Zeiten, zuging, habe ich hier schon mal dargelegt. 1999 aber wurde alles anders. Da schaffte mein Verlag die ersten Digitalkameras an. Sehr teure Teile, die uns erst nach ausgiebiger Schulung und mit mehrfacher Betonung auf den ungeheuren Wert dieser neuen Apparate übergeben wurden. Kein Wunder, kostete dieses Wunderding der digitalen Fototechnik damals doch 16 000 Mark, umgerechnet 8000 Euro. Gut, das war der Preis 1995, vier Jahre später war es aber immer noch eine immense Summe, die mein Arbeitgeber für Kamera, Blitz und Tasche bezahlen musste. Ich weiß nicht mehr genau, wie viel es war. Und dieses wahnsinnig wertvolle Arbeitsgerät wurde mir nun übergeben: eine Minolta 3CCD RD-175 (heute bei Ebay für bummelige 30 bis 50 Euro zu haben). Die Zahl 175 stand übrigens für die damals unerhörte Zahl von 1,75 Megapixel.

Die Minolta 3CCD RD-175 von 1999
Die Minolta 3CCD RD-175 von 1999

Ich hatte das Ungetüm längst vergessen, bis ich jetzt einen Redaktionsschrank ausräumen musste und mir das vielleicht allerletzte Exemplar der Minolta im Hause in die Hände fiel. Meine mir damals überreichte Kamera ist längst ins Fotomuseum des Verlages gewandert. Ich kann mich aber noch gut an das Arbeiten mit dem Monster erinnern. Ich hatte nämlich gleich zu Beginn den Auftrag, damit einen Neonazi-Aufmarsch beim Volkstrauertag zu fotografieren. Und parallel dazu Notizen zu machen. Und damit fingen die Probleme an. Der Mensch, siehe oben, hat eben nur zwei Hände. Und die brauchte man, um die Minolta unfallfrei zu bedienen. Da stehst du dann und balancierst mit Block und Stift und Kamera, und das alles bei Kälte, und hoffst, dass dir das teure Teil namens Digitalkamera nicht aus den Händen gleitet und am Boden zerschellt.
An jenem Tag ist alles gut gegangen, und auch später habe ich die Kamera heil gelassen. Was weniger toll war, waren die Bildergebnisse. Ich werde nie das Bild von dem Schlachtermeister vergessen, der in seinem fein gestreiften Schlachterkittel dastand. Da konnte die Kamera ihren Moiréfaktor mal so richtig ausleben. Augenpulver hoch drei!
Viele andere Digitalkameras folgten der Minolta, die rasend schnell an Wert verlor und ebenso schnell von besseren, kleineren, komfortableren Modellen abgelöst wurde. Und irgendwann, ich weiß nicht mehr genau wann, kam der wunderbare Tag, an dem Digitalkameras begannen, wie ordentliche Fotoapparate, gar wie Spiegelreflexkameras auszusehen. Abgesehen von allen technischen Verbesserungen.
Ich bin froh, dass die Zeiten des Monsters vorbei sind. Aber ein paar klitzekleine nostalgische Gefühle verbinden sich doch mit dem Ungetüm.

Könnt Ihr Euch noch an Eure erste Digitalkamera erinnern? Dann schreibt doch Eure Erfahrungen in die Kommentare. Ich würde mich sehr darüber freuen.

8 Kommentare

  1. http://www.amazon.de/dp/B0036WZAKE/

    Anfang September 2010 gekauft. Der kleine „normale“ Chip 1/2,3″, Zoom 28 – 300 (KB), 10 MP – hab extra eine mit „nur“ 10 MP.

    Die kann das, was so eine Digiknipse halt kann – für´n Wallpaper auf 24″ reicht ein gutes Foto davon lockerst aus, sogar dicke komprimiert.

    Sonst habe ich nix digitales, die Cam im Handy zähle ich nicht. Ein Handy ist zum telefonieren. Punkt.

  2. Hallo Susanne,

    als heute bekennender Analogfotograf fand ich die ersten Digitalkameras extrem spannend. Heute eher nicht mehr. Die Fotos sind zwar leicht besser geworden, aber wer z. B. ein 9×6 Dia in den Händen hält, wird seine Digiknipse in die Tonne drücken.

    Und Minolta hat lange Zeit mit die besten Kameras nebst Objektive produziert. Da konnte Nikon und Canon einpacken. Mit der Umstellung auf Digitalfotografie, hier vor allem mit der Dynax 7D, musste Minolta aufgeben.

    Warum seinerzeit die Digitalkameras überhaupt verkauft wurden angesichts des horrenden Preises, bleibt mir ein Rätsel. Die Fotos grottenschlecht, die Übertragung oftmals über die serielle Schnittstelle, und so gut wie keine passable Bildbearbeitung.

    Mein erstes Digitalexperiment war eine Kamera von HP (1998), womit ich seinerzeit eigentlich nur die üblichen Schnappschüsse machen wollte. Mit knapp 700,– DM damals ein günstiges Sonderangebot. Aber Fotos verwackelt, Farben zu flau, Handling unter aller Würde. 2004 dann Versuche mit einer Canon Ixus Kompaktkamera. Nach knapp drei Wochen dann ab in die elektronische Bucht, getreu dem Motto: Hauptsache weg.

    Seitdem lebe ich entspannter ;-)

    Lieben Gruß

    Dieter

    1. Lieber Dieter, die Brillanz eines Dias begeistert mich bis heute, da kann ich Deine Meinung gut nachvollziehen. Das einzige Problem ist, die Dias zu digitalisieren. Meine bisherigen Versuche, die Dias selbst einzuscannen, sind leider grandios gescheitert: flaue Farben, verwaschene Kontraste, alles Mist. Kann man bei meinem Reisebericht zu Kamerun hier im Blog sehen.
      Inzwischen bin ich doch zum begeisterten Digitalfotografen geworden, schon weil ich es im täglichen Arbeitsleben machen (muss). Hat eben alles seine Vor- und Nachteile.
      Lieben Gruß, Susanne

  3. Ich kann mir die Welt ohne digitaler Fotografie überhaupt nicht mehr vorstellen. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass in diesem Bereich das digitale Zeitalter eingeläutet wurde. Ich hatte 2001 erstmals eine digitale „Knipse“ in der Hand. Kein Profi-Gerät, entsprechend sahen die Bilder aus. ;-)

    1. Lieber Andersreisender, willlkommen bei Pyrolirium und danke für Deinen Kommentar.
      Was die Digitalfotografie angeht: Die Bildqualität dürfte sich inzwischen deutlich verbessert haben, oder? Ich habe jedenfalls meine Abneigung gegen Digital mittlerweile völlig abgelegt. Die neuen Knipsen haben es mir leicht gemacht. Ich bin immer wieder erstaunt, was selbst kleine Apparate können. Spaß machen allerdings vor allem die digitalen Spiegelreflexkameras und das Nachbearbeiten der Fotos. Ich kann mich damit ganze Nächte lang beschäftigen.
      LG, Susanne

  4. Ich bin ja noch nicht so lange dabei, wenn es sich um Fotografie dreht. Es so um das Jahr 2003 gewesen sein, als ich meine erste eigene Kamera überhaupt bekam. Eine kleine Digitale von den Gebrüdern Albrecht *ggg*

    Im Jahr darauf folgte jedoch schon das erste ernst zu nehmendere Modell, mit der meine Leidenschaft wirklich begann. Eine Canon Powershot A 80. Gefolgt von der Canon Powershot G 3, 5 und 7 und im Jahr 2006 dann endlich mit der Canon 350 D die erste Spiegelreflex. Und so steigerte ich mich langsam aber sicher ;-)

  5. ach ja …
    Ich hab nach dem Lesen Deines Artikels erstmal meine erste digitale Sony DSC-F55 vorgekramt, die ich mir 1999 für über 1000 DM gekauft habe, den Memory-Stik rausgeholt (der erste hatte 4 MB!, der jetzt drin war immerhin 64) und festgestellt, dass ich im März 2010 damit noch 2 Bilder aufgenommen habe…
    Das schwenkbare Objektiv, mit dem man um die Ecke fotografieren konnte, die 2,1 Megapixel und das kleine handliche Format hatten mich damals sofort überzeugt und mich gab es eigentlich nicht ohne dieses Teil.
    Und was hab ich damit nicht alles fotogafiert… *inerinnerungschwelg*

    Ich lade den alten Akku nun mal, ich glaube aber, der war hinüber…

    1. Liebe Gerda,
      vielen Dank für diese Erinnerung an Deine erste Digitalkamera. Es ist schon erstaunlich, wie schnell die Entwicklung gegangen ist. Schön, wenn Du so gute Erinnerungen an das erste Teil dieser Art hast, meine waren ja nicht so gut. Aber ich hatte ja auch ein Monster.
      LG, Susanne

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