Der Reiz der Noten

Ich habe etwas Wunderschönes geschenkt bekommen, um genau zu sein, habe ich es geerbt. Noten aus einem Nachlass. Und die geben mir endlich die Möglichkeit, Euch zu zeigen, dass es neben dem musikalischen Vergnügen auch ein visuelles Vergnügen gibt, das uns Noten zuteil werden lassen.

Diesen Beitrag plane ich schon lange. Denn als Chorsängerin und Querflötenspielerin weiß ich, dass manches Notenbild so hinreißend schön ist, dass es selbst Nichtmusikern gefallen muss. Vor einer Veröffentlichung auch nur eines Notenschnipsels bin ich jedoch bisher zurückgeschreckt, da die Copyright-Regeln auf diesem Gebiet noch viel extremer sind als auf jedem anderen. Das musste ich feststellen, als ich für eine Zeitungsausgabe eine einzige Liedzeile abdrucken wollte. Die Anfrage beim Verlag ergab, dass für jede gedruckte Zeitung 50 Cent Lizenzgebühr fällig seien, selbst bei Quellennennung und damit Werbung für das entsprechende – durchaus populäre – Liederbuch. Die Rechnung ging dann also wie folgt: 120 000 Exemplare Zeitungsauflage mal 50 Cent macht ein Honorar von 60 000 Euro. Da dürfte jedem Fotografen schwindlig werden.

Selbst der Marketingabteilung des Notenverlages erschien diese Summe dann doch ein bisschen zu exorbitant und sie boten eine Pauschale an. Die mindest mögliche. Die betrug aber immer noch 600 Euro, ein Betrag, der gar nicht geht für eine einzige Zeile. Also verzichteten wir auf den Abdruck.

Seither weiß ich, wie sensibel und teuer die Rechte an Notenzeilen gehandelt werden. Und deshalb gab es bisher nicht eine davon hier zu sehen, obwohl mein Schrank so viele schöne Beispiele für den Reiz von schönen Noten hergeben würde. Nun also die Erbschaft. Klaviernoten von einer alten Dame, die so alt sind, dass die Verlage gar nicht mehr existieren und niemand mehr die Rechte geltend machen kann. Da ist einmal die „Neue Klavierschule von Bisping – Rose“ aus dem Verlag Bisping in Münster aus dem Jahr 1919, Verkaufspreis für die vollständige Ausgabe in Halbleinen gebunden mit Goldaufdruck 9 Mark. Ich verfüge leider nur über Band IV geheftet, Preis damals 2 Mark.

Das zweite Werk ist „Tonga’s Musikschatz“ Band II, etwa aus dem Jahr 1917, eine Sammlung von 112 „Salon- und Vortragsstücken, Opernmusik, Liederfantasien, Tänzen und Märschen“. Ach, alleine schon diese Bezeichnungen. Und dann die Gestaltung. Ich habe das Notenbuch im Prachtleinwandband geerbt, damaliger Preis 5 Mark.

Noten werden nicht alt, solange die Musik, die sie aufgezeichnet haben, nicht alt wird. Noten lassen sich immer wieder und wieder verwenden. Das ist wie mit alten Büchern, mit der Zeit werden sie immer schöner. Ich liebe alte Notenbücher – und neue Notenbücher und vor allem die Musik.

Über die Unterschiede von altem Notendruck und neuem Notendruck hat Stefan Wolfrum auf seinem Blog geschrieben.

Notenfundus.de ist ein Musikantiquariat, bei dem gebrauchte Noten gekauft und verkauft werden können.

2 Kommentare

  1. Hallo Susanne,
    ein für mich sehr interessanter Artikel. Auch ich habe eine ganze Anzahl alter Liednoten im Schrank. Ich finde schon das Deckblatt immer sehr ansprechend. Gerade auch der noch bestehende Verlag Breitkopf & Härtel hatte da immer so kunstvoll verzierte Deckblätter.
    Ich hatte jetzt mal eine alte Notenschrift in der Hand, als diese noch eckig geschrieben wurden. Kann man kaum lesen, sah aber furchtbar interessant aus. Auch die Originale, welche von Beethoven in einigen Büchern veröffentlicht sind, mit den Überbleibseln seiner Wutausbrüche, herrlich.
    Das es mit dem Copyright von Noten so schlimm ist, wusste ich gar nicht. Dann kann es den Verlagen ja nicht so schlecht gehen. Sie haben doch sicher auch ihre Anwälte, welche den Tag durch das Netz surfen um unerlaubte Veröffentlichungen ausfindig zu machen. Lohnt sich ja, wie man sieht.
    LG, Christiane

    1. Liebe Christiane,
      es freut mich, dass ich offenbar nicht die einzige bin, die den Reiz alter Noten zu schätzen weiß. Ich stöbere immer gern darin herum. Schade, dass die Urheberrechte so strikt gehandhabt werden, andererseits kann ich das gut verstehen. Die Auflagen dürften gerade bei nicht so populären Stücken so gering sein, dass die Verlage ihre Rechte mit aller macht wahren müssen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das Setzen von Noten deutlich komplizierter und aufwändiger ist als etwa für Bücher.

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert