Würde ich beten wie eine Muslimin?

Würde ich mich in einer Moschee mit dem Gesicht zu Boden neigen, obwohl ich keine Muslimin – oder sagt man Muslima – bin? Einfach aus Respekt vor den Gläubigen? Eine Frage, die ich mir jetzt gestellt habe. Es gab einen Anlass dafür: Die Aufführung einer Bach-Kantate. Klingt seltsam, war aber so.

Am 1. Adventssonntag hat unser Chor „Nun komm, der Heiden Heiland“, BWV 61, aufgeführt. Eine Bachkantate für Solosopran, Chor, kleines Streichorchester und Orgel. Die Musiker saßen allesamt auf der Empore. Es war eine Aufführung im Gottesdienst, mit allem, was liturgisch dazu gehört, also auch mit Evangelium, Glaubensbekenntnis und „Vater unser“, Elementen, bei denen die Gemeinde aufsteht.

Die Orchestermusiker blieben sitzen. Etliche beteten mit, das konnte ich an ihren Mündern ablesen. Einer aber nicht, und er sah so aus, als könnte er Moslem sein. Kaum eine Branche, wenn man das so sagen kann, ist so sehr mit Menschen aus allerlei Nationen durchsetzt wie die der Musiker. Da spielen Menschen aus aller Welt, und das ist völlig normal.

Aber wie steht es mit deren Glauben, wenn sie Kirchenmusik machen? Zugegeben, ein bisschen ärgerlich war es für mich, dass diese Musiker, ob nun Christen oder nicht, bei den Aufsteh-Elementen sitzen blieben. Gebührt es nicht der Respekt vor dem Gottesdienst und seinen Besuchern, sich ebenfalls zu erheben?

Dann setzte das Nachdenken ein. Einmal angenommen, ich wäre Instrumentalistin, lebte in einem muslimischen Land und würde für Aufführungen in einer Moschee gebucht. Nur mal so als Gedankenspiel. Würde ich mich mit dem Gesicht zu Boden neigen? Nur aus Respekt, nicht aus Überzeugung? Ich glaube nicht. Warum also ärgerte mich das sture Sitzenbleiben der Musiker so? Die Gemeinde konnte es sowieso nicht sehen. War es ihre von mir vermutete Gedankenlosigkeit, die mich aufbrachte. Und wenn der eine Instrumentalist wirklich Moslem war, was ich wie gesagt nicht weiß, hätte ich von ihm verlangen können aufzustehen?

Ich habe eine Weile darüber nachgedacht und deshalb einen Teil der Predigt verpasst, also gedanklich. Ich würde die Rituale in einer Moschee als Christin nicht mitmachen. Jedenfalls nicht, wenn ich dabei so unsichtbar wäre wie unsere Musiker auf der Empore. Wie es an einer sichtbaren Stelle wäre, darüber bin ich mir nicht klar geworden. Ich bin froh, dass ich nie in die Verlegenheit kommen werde. Ich wüsste wirklich nicht, was ich tun sollte.

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