Ist die Fotografie männlich?

Ich war kürzlich an einem der wenigen sonnigen Tage nachmittags am Strand. Einfach mal gucken, ob es ein paar schöne Fotomotive gibt. Ja, es gab sie: Fotografen. Fotografen und ihre Frauen, die daneben standen und warteten, bis er das Motiv im Kasten hatte. Gleich zwei solcher Paare habe ich innerhalb einer halben Stunde gesehen. Ist die Fotografie also männlich? Fotografieren mehr Männer als Frauen? Ich rede hier ausschließlich von oft sehr ambitionierten Hobbyfotografen, nicht von Profis.

Fotograf am Strand mit Ehefrau
Schnappschuss vom Strand: Er fotografiert, sie steht daneben und wartet.

Dazu fällt mir die Geschichte eines fotografierenden Paares ein. Sie erzählte, wie sie zur Fotografie kam. Sie sei es irgendwann satt gewesen, immer neben ihm her zulaufen und zu warten, bis er seine Fotos gemacht habe. Also begann sie irgendwann selbst, Bilder zu machen. Mittlerweile steht die Qualität ihrer Bilder seinen ins nichts nach, vielleicht sind sie sogar einen Tick besser. Und die beiden haben ein gemeinsames Hobby.

Digital ist weiblich

Das ist, so mein Eindruck, eher die Ausnahme. Wer mit offenen Augen durch die Gegend geht und fotografierende Leute beobachtet, kommt schnell zu dem Schluss, dass die Fotografie – also die echte, die mit Kamera, nicht mit Smartphone – eine Domäne der Männer ist. Stimmt das?

Profoto hat sich nicht der Frage gewidmet, ob mehr Männer fotografieren als Frauen, sondern ob Frauen anders Fotografieren als Männer.

Dort stand ein Satz, dem ich sofort zustimme:

„Zu Zeiten der Analogfotografie war die Fotografie, gerade im Bereich der Amateurfotografie, eine Domäne der Männer. Das Familienoberhaupt fotografierte.“

Stimmt, so war es bei uns zu Hause auch. Was meinen Vater aber nicht davon abhielt, mir bereits früh eine Kamera zu schenken und mich mit der Fotografie vertraut zu machen.

Der Umkehrschluss zum Satz über die Analogfotografie bedeutet, dass Frauen mit der Digitaltechnik viel mehr fotografieren als früher. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das an der Digitaltechnik liegt. Warum sollte ein neues Speichermedium die Lust am Fotografieren wecken?

Ich glaube eher, dass der Siegeszug der Fotografie, ob bei Männern oder Frauen, etwas mit den Möglichkeiten des Internets zu tun hat, Fotos zu präsentieren. Die Bildern stecken nicht mehr in Alben und Schubladen, sondern werden einem größeren Publikum gezeigt. Das spornt an, Männer ebenso wie Frauen.

Die Flickr-Statistik

Ob nun mehr Frauen als Männer als Hobby fotografieren, darüber habe ich nichts finden können. Einzig für Berufsfotografen gibt es eine Statistik, danach liegt der Frauenanteil (einschließlich Kameraleute und Bildberichterstatter) laut Institut für Arbeitsmarktforschung und Berufsforschung bei 48.8 Prozent. Mein Momenteindruck von 30 Minuten Strandspaziergang ist für Hobbyfotografen jedenfalls alles andere als repräsentativ.

Vielleicht ist Hannes in dieser Frage ein Stück weitergekommen. Er hat tausende Flickr-Fotos hinsichtlich der Frage analysiert, ob sie von Männern oder Frauen gemacht wurden. Sein Fazit:

– mehr Männer als Frauen machen Fotos
– 70% der Männerfotos (also von Männer gemachten Fotos) sind grausam (was ja die Feststellung war, die mich hier hinführte)
– 30% der Frauenfotos sind grausam
– die meisten Frauen haben gute Kameras der kleinsten Klasse (also D50, 350D oder so), wenige schießen auf Film und einige holen erstaunliche Ergebnisse aus fotografischem Müll: billige Kompakte und sogar Fotohandys
– die Männerkameras sind da verschiedener und technikfixierter, also alles von analogen Film-SLR (Nostalgie) über gute Kompakte und kleine SLR bis hin zur DSLR-Mittelklasse

Bleibt die Frage, ob Frauen anders fotografieren als Männer oder sich mit der Kamera anders benehmen. Das ist ein bisschen wie mit Autos, vermute ich. Männern ist die Technik wichtig, sie schielen mehr auf PS und Drehmoment als Frauen, was nicht heißt, dass sie die besseren Autofahrer sind. Vor allem aber: Ob beim Fotografieren oder beim Autofahren, überall setzen mehr Frauen auf Kommunikation. Oder wie ich immer sage: Das wichtigste beim Fotografieren ist das Moderieren, jedenfalls immer dann, wenn Menschen das Motiv sind. Ein Fotograf, der nicht redet, wird nie gute Fotos machen.

Nicht denken, fotografieren

Am Ende ist es völlig egal, wer hinter der Kamera steht. Wichtig ist, was dabei herauskommt, also das Foto. Lasst uns gute Fotos machen.

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2 Kommentare

  1. Hi Susanne,

    vielen dank für deinen Beitrag. Was ich genauso sehe wie du:
    „Völlig egal wer hinter der Kamera steht, jedes Bild hat seinen Wert und ist schön“.
    Ich fotografiere selbst für mein Leben gerne und mir gibt jedes Bild bei der Betrachtung nach einiger Zeit das Feeling des Zeitpunkt des Bildes zurück.

    Super schön :)

  2. Ganz interessant Deine Feststellung und soweit würde ich Dir voll und ganz zustimmen. Aber glaubst Du das man unbedingt viel reden muss um gute Fotos zu machen. Ich kenne einen Fotografen der geht eher stumm durch die Lande, hat aber ein Auge für Situationen oder Stimmungen. Manchmal denke ich mir was fotografiert er denn schon wieder, wenn ich dann das Bild sehe, bin ich sehr oft überrascht, ich hätte diese Motive nicht mal erkannt.

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