Rückbau – doch nur ein Euphemismus

Entsorgungspark, Kunden (im Jobcenter) und thermische Verwertung – Politik und Wirtschaft überschütten uns mit Euphemismen, Wörtern, die besser klingen als das, was damit gemeint ist. In genau dieser Reihe habe ich bisher auch den Rückbau gesehen, der umgangssprachlich Abriss heißt. Allerdings musste ich mich jüngst belehren lassen: Ein Rückbau ist mitnichten ein Abriss. Oder vielleicht doch?

Abriss versus Rückbau, Bagger, Ketten
Der Abriss – hier mit alten Reifen als Puffer unter den Baggerketten – und eben kein Rückbau.

Es gibt, wollte mir ein Gesprächspartner klar machen, offenbar doch deutliche Unterschiede zwischen Abriss und Rückbau. Um genau zu sein: Ein Abriss ist endgültig, ein Rückbau umkehrbar. Beim Rückbau wird, so hat es mir mein Gesprächspartner erklärt, ein Bauwerk abgetragen und anschließend so gelagert, dass es wieder aufgebaut werden kann. Was allerdings, so meine Erfahrung, in den wenigsten Fällen geschieht. Ist auch schwer vorstellbar, etwa beim Rückbau von Atomkraftwerken oder Bahntrassen. Ich jedenfalls kenne kein einziges Beispiel für einen Rückbau, der zum erneuten Aufbau führt. Und so beschleicht mich der Verdacht, dass der Rückbau einfach nur eine etwas schöner klingende Bezeichnung für einen Abriss ist. Und so schreibt denn auch die Wikipedia:

„In der Praxis hat sich der Begriff ,Rückbau‘ durchgesetzt, da er weniger brutal klingt.“

Der Abriss, wenn er tatsächlich einer ist, geht heute übrigens so gut wie nie mit einer Abrissbirne einher. Vielmehr werden zu beseitigende Gebäude nach und nach abgetragen und die einzelnen Stoffe getrennt in Containern abgefahren. Holz wird verbrannt, Steine und Zement zu Packlagen für neue Straßen oder ähnliches gemahlen, Metalle wiederverwertet. Das übrigens nennen viele Kreise und Kommunen geordneten Rückbau, und es hat nun wirklich nichts damit zu tun, dass die Teile wie ein Puzzle, bereit zum Wiederaufbau, gelagert werden. Es besagt nur, dass das Gebäude nicht einfach eingerissen und irgendwo auf die Deponie gefahren, sondern seine Einzelteile ordentlich und möglichst gewinnbringend und die Umwelt schonend verarbeitet werden.

Bedenkt man das alles, dann ist Rückbau eben doch ein Euphemismus. Nichts anderes als Abriss ist damit gemeint. Es klingt nur irgendwie schicker, oder? Weniger nach krawumm.

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