Pferdegedöns – ein Rausch in Glitzer und Pink

Wir sind aufs Pferd gekommen. Zehn Jahre Reitunterricht fürs Kind und zehn Jahre Wiederaufstieg für mich – nach 28 Jahren Pause – mündeten jetzt im Besitz eines eigenen Reittieres. Aber damit ist es nicht getan: Pferde sind erstens wie Segelboote, auch sie brauchen einen Liegeplatz, besser Stellplatz, und ein nacktes Pferd bringt erst einmal gar nichts. Zubehör muss her. Das Stöbern im Reitsport-Shop und im Reitsport-Katalog aber eröffnet Design-Auswüchse besonderer Art.

Blick in den Reitsport-Katalog: Gerade bei den Gerten gibt es nichts, was es nicht gibt.
Blick in den Reitsport-Katalog: Gerade bei den Gerten gibt es nichts, was es nicht gibt.

Pferdeleute sind wie Hundeleute. Sie kriegen bei Zubehör aller Art glänzende Augen. Angesichts eines Halsbandes mit der Aufschrift „Kampfkuschler“, den ich gerade gesehen habe, muss ich über Hundezubehör nicht mehr viel sagen. Auch dort gibt es keine Grenzen und hat Glitzer längst seinen Siegeszug angetreten.

Auf der Hundemesse gesehen: Futternapf mit pinken Kristallen.
Auf der Hundemesse gesehen: Futternapf mit pinkfarbenen Kristallen.

Zurück aufs Pferd. So wie Gott es schuf, nützt es dem Reiter gar nichts. Also heißt es einkaufen: Trense, Halfter, Strick, Sattel, Decke. Und da geht es los. Der stilbewusste Reiter wählt das Zubehör passend zur Farbe des Pferdes aus. Pferde sind wie Autos, es gibt Modefarben, zurzeit sind dunkle Farben angesagt. Rappe oder Brauner geht, Fuchs geht gar nicht, Schimmel nur in Ausnahmefällen. So hat es mir ein Züchter erklärt. Unser Pferd ist ein Rappe, und Sattel und Trense sind ebenfalls schwarz. Da muss ein Farbklecks her, als Schabracke, also kleine Decke unter dem Sattel, und gern auch beim Halfter.

Wir haben uns farblich jedoch zurückgehalten. Dass es auch anders geht, beweist der Blick ins Reitsportregal oder den Reitsport-Katalog. Farbe und Glitzer überall. Und was bietet am meisten Platz für Dekor aller Art? Die Decke.

Decken sind heutzutage ein Muss. Früher trug kein Pferd eine Decke. Heute geht nichts mehr ohne Decke. Pferdeleute behaupten manchmal, dass schütze die Nieren im Winter vor Unterkühlung. In Wahrheit schützt die Decke vor zu viel Winterfell und den Reiter vor zu viel Putzarbeit. Abgesehen von Material und Dicke der Decke – die Auswahl reicht von der Weidedecke mit Polarfleecefutter bis zur Multifunktionsabschwitzdecke – gibt es Decken in allen Farben, mit Sternen, Streifen, Karos, im Leoparden- und Zebramuster (hält angeblich Mücken ab) und in Multicolor. Vielleicht ist das ja gut, um das eigene Pferd schnell zwischen den anderen 20 auf der Weide zu finden. Vielleicht ist aber auch nur eine Absetzbewegung des Besitzers von anderen Reitern.

Die Pferdedecke: viel Platz für viel Farbe.
Die Pferdedecke: viel Platz für viel Farbe.

Der Farbrausch macht nicht mal Halt vor Zubehör, dass früher schlicht aus Metall oder aus dunklem Leder war. Der Stirnriemen mit Swarovski-Kristallen ist schon lange im Handel, die passenden Reitstiefel mit den kleinen Kristallen auch. Sie zieren zudem Kappen und Hosen und Handschuhe. Ein Fall für kreativen Farbeinsatz sind Steigbügel. Der Reiter, der auf internationalen Turnieren startet, kann sie in seinen Landesfarben wählen. Der Reiter, der im Dorfverein antritt, natürlich auch.

Nicht nur für den internationalen Auftritt: Steigbügel in Landesfarben.
Nicht nur für den internationalen Auftritt: Steigbügel in Landesfarben.

Farbe und Glitzer bestimmen schließlich auch das Zubehör für den Reiter. Eine Spielwiese dafür sind schon seit Jahren die Gerten, in letzter Zeit ist ihre Farbpalette noch einmal größer geworden. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Ich gucke mir das alles gerne an. Kaufen würde ich so etwas nie. Dennoch gibt es offenbar einen Markt dafür, sonst würde es nicht angeboten.

Ans eigene Pferd und an uns Reiter kommt nur klassisches Zubehör. Glitzer hat für mich im Stall und auf dem Reitplatz nichts verloren. Und noch etwas kommt uns nicht ins Haus: ein Hund. Zwar behaupten ständig irgendwelche Freunde, Pferdebesitzer hätten stets auch Hunde, aber dagegen spricht zweierlei: Ich bin bekennende Hundehasserin und der Farb- und Glitzerrausch im Reitsport-Laden reicht mir völlig. Noch mehr abgefahrene Accessoires verkrafte ich nicht.

2 Kommentare

  1. Stimmt, es gibt viel zu sehen in den Fachgeschäften für Pferd und Hund. Sogar die Katzen kommen nicht zu kurz.
    Dennoch, ich bevorzuge Gerten in grau und schwarz, Pferdedecken am liebsten mit maximal zwei Farben, Schabracken uni mit höchstens einer Farbkordel umnäht. Und ganz wichtig: Sattel und Zaumzeug hat mein Pferd qualitativ hochwertiges Material (Schleese halt *Schleichwerbung*) und da kommt das Stirnband ganz ohne Glitzer und Glamour und sonstigem BlingBling aus. Ich finds auch immer etwas speziell, wenn ich Hengste oder Wallache sehen, deren Stirnbänder mit pinkfarbenen Steinchen besetzt sind. Wenn die sich wehren könnten… ;-)

  2. Das wäre ja noch schöner, wenn die Pferde mitreden könnten :-) Aber Du hast Recht: Der Reiter mit Stil lässt Glitzer links liegen, schließlich ist die Ausstattung des Pferdes ein Spiegel der Reiterpersönlichkeit. Und der Rosa-Glitzer-Phase junger Reiterinnen sind wir doch längst entwachsen.

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