Heute schon vor Ort gewesen?

Es gibt Formulierungen, die liest man ständig und immer häufiger und irgendwann geht einem auf, wie blöd sie sind. Dazu gehört für mich „vor Ort“. Das zu sagen oder zu schreiben ist einerseits oft überflüssig und kündet andererseits von einer gewissen Denkfaulheit.

Mein Favorit ist der Vor-Ort-Vertrieb. Da frage ich mich, wird vor Ort vertrieben oder an den Ort, wo der Kunde ist? Andersherum gefragt: Was interessiert es den Kunden, ob der Anbieter seine Ware vor Ort, also im eigenen Betrieb, oder woanders liegen hat? Den Empfänger interessiert nur, dass sein Paket oder seine Ware vor Ort, also bei seiner Firma oder bei ihm Zuhause, ankommt.

Vor Ort lässt sich in der Mehrheit der Fälle streichen. Versicherer etwa bieten gerne Beratung vor Ort. Warum nicht schreiben, dass sie eine persönliche Beratung anbieten, also keine telefonische oder Online-Beratung? Wo dieses vor Ort dann ist, muss abgesprochen werden. Es liegt entweder im Büro des Beraters oder im Wohnzimmer des Ratsuchenden. Insofern ist vor Ort stets eine unklare Bezeichnung, jedenfalls in vielen Fällen. Warum also nicht schreiben, was gemeint ist? Deshalb mein Verdacht, dass die Formulierung „vor Ort“ etwas mit Denkfaulheit zu tun hat.

So, und jetzt geht’s an die Arbeit, vor Ort natürlich, in meinem Büro und nicht an meinem heimischen Schreibtisch.

Ach ja, „vor Ort“ ist auch ein Fall für meine Rubrik „Kürzen leicht gemacht“: „Ich bin vor Ort.“ -> „Ich bin da.“

Außerdem ist die Formulierung ein Quell für Rechtschreibfehler. Den feinen Unterschied zwischen vor Ort und dem Vorort erklärt korrekturen.de

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