Neues aus dem Biotop Schule: Die klopffreie Pause

Wer ein Schulkind hat, kann ein Lied davon singen. Die Schule und die Lehrer lassen sich immer mal wieder etwas Neues einfallen, worüber ich nur den Kopf schütteln kann. Die neueste Idee: die klopffreie Pause.

Als ich das erste Mal davon hörte, wusste ich mit dem Begriff gar nichts anzufangen. Was soll das sein? Das Kind erklärte es: Eine klopffreie Pause ist eine große Pause im Verlauf des Schultages, in der es den Schülern untersagt ist, an die Tür des Lehrerzimmers anzuklopfen. Damit soll erreicht werden, dass die Lehrer ihre Pause ungestört nehmen können, unbehelligt von Schülerfragen oder sonstigen Anliegen. Die Freiheit vom Anklopfen gilt für eine der zwei großen Pausen. Und damit die Schüler trotzdem ihre Anliegen vortragen können, ist am Lehrerzimmer ein Briefkasten angebracht worden, damit Fragen und Gesprächswünsche schriftlich vorgebracht werden können. Die Zettel werden anschließend in die Lehrerfächer gelegt.

Ich weiß nicht, wie viele Schüler in einer durchschnittlichen großen Pause die Lehrer im Lehrerzimmer behelligen. Ich glaube auch, dass jeder ein Anrecht auf eine ungestörte Pause hat. Dennoch finde ich die klopffreie Pause etwas seltsam. Zumal ich so oft erlebe, dass Lehrer auf ihrem Recht auf Freizeit beharren. Wie die Lehrerin vor einigen Jahren, die darauf bestand, nach 18 Uhr und am Wochenende nicht angerufen zu werden. Sie habe ein extra Telefon, dessen Nummer sie als einzige herausgebe und das nach 18 Uhr stumm geschaltet werde. Sie müsse schließlich auf ihren Feierabend achten. Und auch Mails rufe sie nach 18 und am Wochenende nicht ab. Auf den Einwand eines Vaters, er arbeite bis 18 Uhr und habe dann gar keine Möglichkeit, mit ihr Kontakt aufzunehmen, merkte sie an, er könne gerne eine Rückrufbitte mit konkreter Uhrzeit im Sekretariat abgeben.

Ich rufe nur in Ausnahmefällen und wirklich ausgesprochen selten bei den Lehrern meines Kindes an. Wenn überhaupt, dann einmal im Jahr. Ich weiß aber, dass andere Eltern ständig in der Leitung hängen. Aber erfordert das wirklich solche strengen Regeln?

In Zeiten, in denen immer mehr Arbeitnehmer auch außerhalb des Büros erreichbar sein müssen, nebenbei berufliche Mails abrufen oder Telefonate beantworten müssen, wo es Beruf gibt, für die normale Arbeitszeitregeln zwar gelten, aber oft genug überschritten werden, mutet das alles ein bisschen weltfremd an. Natürlich ist es nicht höflich, wenn Eltern die Lehrer ihrer Kinder um 22 Uhr anrufen. Auch das kommt vor. Aber ein bisschen mehr Zugänglichkeit sollte schon sein, ob es jetzt für Schüler oder für Eltern ist. Ich hoffe nun nicht, dass sich die Idee der klopffreien Pause an anderen Schulen durchsetzt.

Notwendige Schutzmaßnahme oder überzogene Abschottung – was haltet ihr von den Ideen der Lehrer, sich Freiräume zu verschaffen? Sind Lehrer so angespannt und überlastet, dass sie das brauchen? Oder macht sich die Schule damit zu einem Biotop, dass mit der freien Wirtschaft gar nichts zu tun hat?

2 Kommentare

  1. Hallo,
    ich bin kein Lehrer und habe keine Kinder, aber ich arbeite in einem von diesen Jobs, in dem man rund um die Uhr erreichbar sein soll.

    Ich verstehe jeden, der das nicht mit machen will, denn das führt über kurz oder lang zu größeren Problemen (Schlaflosigkeit, Überforderung, Depression, etc.) und immer weiter voranschreitende Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte.
    Feierabend muss Feierabend bleiben. Wir können uns keine überarbeitete Gesellschaft leisten. Leider ist Gewinnmaximierung das höchste Maß und wer nicht mithalten kann, wird aussortiert und liegt dann irgendwann allen auf der Tasche. Das ist keine gute Lösung.

    Nur weil viele auf ihre Rechte verzichten und mit ihrer Gesundheit bezahlen, sollte das keine Aufforderung für alle sein, genau solchen Raubbau zu betreiben. Solange man jung und gesund ist, mag das ohne Schwierigkeiten gehen, aber wer bleibt das schon sein Leben lang?

    Viele Grüße
    Erik

    1. Hallo Erik,
      Du hast in vielem Recht. Allerdings sehe ich zwischen dem immer Verfügbar sein und der klopffreien Pause doch noch etwas dazwischen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Schüler in großen Pausen in Massen das Lehrerzimmer stürmen – die genießen auch lieber die Pause – und dass Eltern ständig bei Lehrern anrufen. Es mag solche Eltern geben, aber denen kann man auch im Gespräch sagen, dass es zu viel wird. Als jemand, der täglich sein Mittagessen am Schreibtisch verzehrt (verzehren muss), habe ich für solche Biotope eher wenig Verständnis. Für vernünftige Feierabendregelungen schon.

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