Die dummen Offline-Eltern

Wir leben im Jahr 20 nach Öffnung des Internets für breite Bevölkerungskreise. Das ist längst kein Neuland mehr. Oder doch? Manchmal denke ich, alle, die älter als 20 Jahre sind, werden pauschal für völlig unfähig im Umgang mit dem Internet gehalten. Immer noch und immer wieder. Das ärgert mich. Merke: Auch wir Älteren kennen uns in der digitalen Welt aus. Und wir wollen uns nicht immer wieder sagen lassen, dass wir keine Ahnung haben.

Huh, böses Internet. Dieses Cybermobbing, die sozialen Netzwerke und vor allem die Onlinegames! Wie steht es da mit dem Jugendschutz, dem Jugendmedienschutz, der Medienkompetenz? Und was ist das alles überhaupt? Genauso blasen es Schulen und andere Kinder- und Jugendschutz-Institutionen immer wieder in die Welt, um Eltern dazu zu bewegen, „die virtuelle Welt ihrer Kinder praktisch zu erforschen“. Ankündigungen dieser Art kommen auch heutzutage regelmäßig in die Redaktionspostfächer – via E-Mail. Immerhin, dieses Medium zu bedienen wird Menschen jenseits des Schüleralters doch schon zugetraut.

Um uns nicht misszuverstehen: Es gibt Eltern, die wissen nicht, was im Netz passiert oder wollen sich nicht damit beschäftigen. Doch die dürften mittlerweile in der Minderheit sein. Ihnen Hilfe anzubieten, ist ehrenwert und vielleicht noch in diesem Maße notwendig. Was mich stört ist dieser pauschale Zungenschlag, alle jenseits von 20 oder 30 Jahren seien komplett ahnungslos. Dabei schließt sich der digitale Graben zunehmend. Immerhin sind zwei Drittel der Deutschen Internetnutzer. Das sagt zwar noch nichts über die Art und Intensität der Nutzung aus, aber als Randtechnologie lässt das Netz nun wirklich nicht mehr einordnen.

Doch gerade Schulen haben immer noch ein sehr ambivalentes Verhältnis zu neuen Quellen und digitalen Medien. Ich kann mich an einen Elternabend in der Grundschule – wohlgemerkt weit jenseits des Jahres 2000 – erinnern, bei dem eine Lehrerin wortreich davor warnte, die Kinder ins Internet oder an den Computer zu lassen. Alles Teufelszeug! Dann ging sie, ihre Kollegin kam und riet den Eltern, mit den Kindern rechtzeitig den Internetzugang und die Arbeit am Rechner zu üben, das werde in der weiterführenden Schule vorausgesetzt. Verstehe einer die Schulwelt.

Nicht verstehen kann ich sie auch dann nicht, wenn die Lokalpresse anrücken soll, um die Übergabe von neuen Tablets oder Whiteboards in Wort und Bild festzuhalten und genau dieselbe Schule im gleichen Atemzug ein absolutes Handyverbot für ihre Schüler ausspricht – sogar für die Pausen. Frei nach dem Motto: Neue Medien nutzen, aber bitte nur kontrolliert und unter Anleitung.

Aufschluss über die Haltung von Schulen zu digitalen Medien gibt ein Interview mit Birgit Eickelmann auf Zeit-Online. Noch bemerkenswerter als das Interview sind allerdings die Kommentare dazu, wohlgemerkt aus dem Jahr 2014. Beispiel gefällig?

„Für die Wissensvermittlung ist eine Tafel, auf welcher der Wissensstoff Schritt-für-Schritt aufgebaut wird genau richtig.“

„Eines muss klar sein: das Leben findet OFFLINE statt. Alles andere ist Mumpitz. Lediglich Unterhaltung.“

Dass mein Eindruck bezüglich der Lehrer stimmen könnte, zeigt dieser Kommentar:

„Ich hatte jüngst eher den Eindruck, dass Lehrer nicht viel mehr über den Umgang mit Computern wissen als die Schüler, die sie unterrichten sollen.“

Okay, vielleicht braucht es doch Angebote, damit Eltern die virtuelle Welt ihrer Kinder praktisch erforschen. Und die Lehrer setzen wir dann gleich mit auf die Schulbank, damit sie etwas lernen. Aber ich möchte mit diesen Offline-Fanatikern nicht in einen Topf geworfen werden.

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