Knistern, Knacken, Sabotage: Der Ärger mit dem Autoradio

Ihr kennt das: Ihr hört einen interessanten Wortbeitrag im Radio, etwa auf NDR-Info oder Deutschlandfunk. Und gerade wenn es besonders interessant wird, hauen Knistern und Knacken dazwischen und ihr könnt kein Wort mehr verstehen. Oder, genauso schlimm: In wunderschöne klassische Musik auf NDR-Kultur hämmern immer wieder nur halbe Sekunden lange Fetzen von Privatsendern wie R.SH oder anderen hinein – kurz, aber oft und verdammt störend. Ich habe den Eindruck, dass die Privatsender, die ich nicht hören will, mehr Sendekraft haben als die öffentlich-rechtlichen Sender. Und dass außerhalb der großen Städte der Empfang eher mau ist.

Die Scala eines alten Radios mit den Namen der internationalen Stationen.
Es rauscht und knistert im Autoradio wie bei alten Apparaten.


Ich höre nur im Auto Radio, und nur da habe ich diese Probleme, die mir das Radio hören verleiden. Deshalb bin ich seit geraumer Zeit dazu übergegangen, im Auto nur noch Hörbücher zu hören. Befriedigend ist das nicht, zumal ich NDR-Info, NDR-Kultur und den Deutschlandfunk wegen ihres qualitätvollen Programms sehr schätze. Aber ich will mich nicht ständig ärgern müssen.

Ich habe den NDR angeschrieben und dort gefragt, wieso und warum ich diese Probleme habe. An meinem Autoradio kann es nicht liegen, denn wenn ich in Kiel, Lübeck oder Hamburg bin, ist der Empfang prima. Nur bei uns auf dem platten Land sabotieren Privatsender meine Lieblingssender und knackt und knistert es wie zu Dampfradiozeiten. Die „Technische Teilnehmerberatung“ des NDR hat mir meine Fragen ausführlich beantwortet.

Zunächst zur gefühlten oder wahren Stärke der Privatsender. Dazu heißt es:

Da das UKW-Frequenzband bereits sehr eng belegt ist, werden Frequenzgenehmigungen in den letzten Jahren nur mit hohen Auflagen ausgesprochen. Das kann z.B. bedeuten, dass eine Frequenz nur mit geringer Leistung und mit starker Richtwirkung betrieben werden darf. Die Programme NDR Info und N-Joy sind aufgrund ihrer „späten Geburt“ häufig von Auflagen betroffen.

Und warum sabotieren Jingles von R.SH die leisen Töne von Ravels „Bolero“ auf NDR-Kultur?

Bei dem Programm NDR Kultur wird zudem versucht, den Dynamikumfang der gesendeten Musik innerhalb der technisch vorgegebenen Grenzen möglichst originalgetreu zu erhalten. Dabei kann es, abhängig vom Musikstück, vorkommen, dass der Lautstärke-Pegel auch über längere Zeit mittlere oder niedrige Werte aufweist. Dies führt dazu, dass Empfangsstörungen des Programms deutlicher wahrgenommen werden als in Programmen, die einen begrenzten Dynamikumfang haben und einen gleichmäßigen Lautstärkeeindruck vermitteln.

Schließlich ist da noch die Art, wie ich Radio höre. Nämlich im Auto. Vor einigen Jahren hatte ich dem NDR schon einmal dieselben Fragen gestellt, und damals hieß es, die aufwachsende Vegetation im Frühjahr behindere den Empfang. Eine Aussage, die jetzt grundsätzlich bestätigt wurde. Die Folge dieses Wildwuchses von Bäumen und Sträuchern ist eine „Abschattung“ der Sendeleistung. Es kommt aber noch hinzu, dass mein Auto keine zehn Meter hoch ist.

Die UKW-Rundfunkversorgung wurde nach einer europaweit geltenden Richtlinie für stationären Empfang ausgerichtet. Bei der Projektierung der Versorgung geht man von Empfangshöhen von 10m bzw. 3m über Hausdach aus. Hier befindet sich der „Übergabepunkt“ der Rundfunkversorgung. Für den hochwertigen Stereoempfang empfehlen wir daher UKW-Außen- bzw. UKW-Richtantennen. Mit einer solchen Empfangsantenne würden Sie sehr sicher auch den Sender NDR Kultur in ausreichender Empfangsqualität empfangen.

Eine Autoantenne ist aber eben gerade keine Richtantenne, sondern, so der NDR-Techniker, eine Behelfsantenne, die sich in ihrer Leistung deutlich von einer Richtantenne unterscheidet. Dazu noch einmal ausführlicher die „Technische Teilnehmerberatung“:

Beim mobilen Empfang in geringer Höhe können zusätzlich aufgrund von Abschattungen und Reflexionen Probleme beim Empfang auftreten. In diesen Punkt spielt auch noch ein anderer Effekt rein, Sie hören immer nur ein Programm zu einer Zeit. Dies bedeutet, wenn Sie z.B. im Autoradio auf NDR Kultur eine Störung hören, wissen Sie nicht, ob diese Störung nicht auch in einem privaten Programm zu hören war. Denn während Sie auf ein privates Programm umschalten, können sich, gerade beim schnell ändernden mobilen Empfang, die Empfangsbedingungen schon wieder so verbessert haben, dass ein störungsfreier Empfang vorliegt, sowohl für unser als auch für das private Programm.

Alles nachvollziehbare Erklärungen. Der Effekt bleibt aber: Radio hören im Auto macht einfach keinen Spaß, auch wenn die Programme noch so hörenswert sind. Ich weiß nicht, wie viel Prozent des jeweiligen Programms im Auto gehört werden, aber es dürfte ein beträchtlicher Teil sein. Schade, dass diese sicher sehr treuen Hörer so wenig von ihrem Programm haben. Ich habe irgendwann beschlossen, mich nicht mehr länger zu ärgern. Mein Hörgenuss der Wahl sind im Auto nur noch Hörbücher. Schade um die guten Programme, besser für mich.

4 Kommentare

  1. Puh, ich bewundere Dich ja, dass Du im Auto noch die Konzentration hast, Sprechprogramme oder klassische Musik zu hören. Ich könnte dem gar nicht folgen (gut, ich mag auch keine klassische Musik, aber generell gemeint)…
    Von daher echt blöd, dass Du quasi schlechter behandelt wirst als unsereiner als Dudelfunker.

  2. Hallo Nessa,
    Dudelfunk kann ich nun gar nicht ertragen. Ich fahre so viel Auto, da geht das ganz automatisch und ich langweile mich, wenn ich nicht gute Wortbeiträge hören kann. Oder klassische Musik, für die ich sowieso eine Vorliebe habe.
    Liebe Grüße,
    Susanne

  3. Hallo sas,
    Du hast ja so recht. Ich habe mich auch schon mal beim NDR beschwert, weil der Empfang auf meiner täglichen Rennstrecke (Ahrensburg – HL), also entlang der A1 (!), grottenschlecht ist. Sogar NDR2 ist sehr störanfällig, von NDR Info und NJoy gar nicht zu reden. Es ist eine Unverschämtheit – auch angesichts der Tatsache, dass ich Radio Hamburg bis nach Lübeck hinein gut empfangen kann. Aber die öffentlich-rechtlichen Schnarchnasen interessiert das nicht. Das Geld kommt ja sowieso rein. :-(
    LG, ahe

    1. Hallo ahe,

      genau das hat mich auch zu diesem Text bewogen: Der NDR hat nach meinem Verständnis eine Grundversorgungsfunktion, nimmt sie aber nur unzureichend wahr. Dann muss er sich nicht wundern, wenn ihm die Hörer davonlaufen. Leider sind wir ja darauf angewiesen, uns auch im Auto bzw. auf dem Weg zur Arbeit darüber zu informieren, was im Land so los ist. Leider ist das je nach Gegend nur rudimentär bis gar nicht möglich. Es gibt sogar Regionen, da kriege ich NDR-Info gar nicht rein.
      LG, sas

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