Das Schicksal des James Foley: hingerichtet oder ermordet?

Der US-Journalist James Foley ist tot. Er wurde getötet, um es neutral auszudrücken, von Kämpfern des IS, dem selbsternannten Islamischen Staat.  Die Schlagzeilen über die traurige Tat füllen die Nachrichtenseiten, in welchem Medium auch immer. Aber ist die Wortwahl immer die richtige?

Wer James Foley googelt und das Wort Mord hinzusetzt, kommt auf 61 300 Treffer. Beim Zusatz  Hinrichtung bekommt man 284 000 Treffer. Aber ist Hinrichtung das richtige Wort? Es ist auch bei Twitter oft zu lesen. Darüber entspann sich eine lebhafte Diskussion.

Die Wikipedia schreibt: „Eine Hinrichtung ist die vorsätzliche Tötung eines in der Gewalt der Hinrichtenden befindlichen, gefangenen Menschen, meist als Vollzug einer von der Justiz eines Landes ausgesprochenen Verurteilung zur Todesstrafe. Der Begriff wird im weiteren Sinne auch für die Tötung eines Menschen durch nicht hoheitlich befugte Personen, Gruppen oder Organisationen verwendet, beispielsweise im Zusammenhang mit Terrorismus oder Kriminalität.“ Insofern ist das Wort für den Mord an Foley nicht ganz falsch.

Trotzdem würde ich es nicht verwenden. Denn das Wort Hinrichtung setzt für mich zweierlei voraus: ein Urteil und zumindest die Möglichkeit einer Schuld des Delinquenten. Hingerichtet wurden und werden Menschen üblicherweise nach einem Strafverfahren, an dessen Ende ein Todesurteil steht. Ob es nun in einem Rechtsstaat – etwa den USA – oder von einem Unrechtsstaat oder eine Diktatur gefällt wird, wie es unter den Nazis der Fall war. Die Wortkette Anklage, Gerichtsverfahren, Todesurteil und Vollstreckung ist nach meinem Verständnis unauflöslich. Und mit dem Wort Hinrichtung erkennen wir dieses Urteil oder Unrechtsurteil in gewisser Weise an. Als Gegner der Todesstrafe bin ich gegen Todesurteile und  Hinrichtungen. Das ändert aber nichts daran, dass beides gedanklich zusammenhängt.

Damit verbunden ist auch, dass es eine Anklage gegeben hat. Was wiederum bedeutet, dass eine Tat im Raum stand, die dem später Hingerichteten vorgeworfen wird. Ob es nun wie bei politischen Gefangenen eine  Straftat ist, die die Herrschenden nur erfunden haben, um ihre Herrschaft zu stützen. Oder ob es eine Tat ist, die auch nach unserem Strafgesetzbuch und Unrechtsbewusstsein ein Verbrechen ist.

So weit ich weiß, ist James Foley kein konkreter Tatvorwurf gemacht worden. Und dass es ein Gerichtsverfahren mit einem – wenn auch unrechtmäßigen – Todesurteil gegeben hat, habe ich auch nirgends gelesen. James Foley ist ein unschuldiges Opfer von Mördern. Deshalb verbietet sich für mich im Zusammenhang mit dem tragischen Tod des Journalisten die Bezeichnung Hinrichtung. Sie relativiert ein grausames Verbrechen an einem unschuldigen Menschen, der sein Leben in Ausübung seines Berufes verloren hat. Und sie spielt letztlich dem IS in die Hände, zu dessen Propagandawerkzeug niemand werden will. Das Wort Hinrichtung rückt rasende und entmenschlichte Mörderbanden in die Nähe von wohl organisierten staatlichen Institutionen. Die IS ist nichts weniger als das.

2 Kommentare

  1. Liest man oft, aber meist wohl in hingeschluderten Texten. Stößt mir jedesmal auf. Wer so etwas „Hinrichtung“ nennt, gibt den Mördern entweder recht oder zeigt, daß er gar keinen Unterschied mehr kennt zwischen Recht und blanker gewalt, was man zwar angesichts mancher Nachrichten denken könnte, aber, wenn man es weiterdenkt … ach nein, lieber nicht …

    1. Lieber Bernhard,
      ganz meine Meinung. Das Wort Hinrichtung relativiert für mich die Tat als eine, der mindestens der Hauch der Rechtsstaatslichkeit anhaftet. Insofern kann ich Dir nur zustimmen.

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