Gescheitert am fehlenden Licht: Das unmögliche Foto

Ich bezeichne mich als einigermaßen gute Fotografin. Ich mache seit über 30 jahren Pressefotos und werde mit fast jedem Motiv fertig, so dass ein zumindest für die Zeitung brauchbares Motiv dabei herauskommt. Ich kenne meine Kamera, weiß mit Blende und Belichtungszeit umzugehen und kenne Tricks, mit denen auch schwierige Motive ordentlich zu fotografieren sind. Aber jetzt bin ich kläglich gescheitert. Es gibt offenbar doch Motive, die sich nicht fotografieren lassen. Weil die Lichtverhältnisse ein Foto unmöglich machen. Zumindest habe ich keine Lösung gefunden, um mit ihnen fertig zu werden.

Gerade eben stieg bei uns im Dorf die große irische Fete. Keine Profi-Veranstaltung, sondern eine Party, die ehrenamtlich organisiert war und bei der einiges improvisiert werden musste. Außer Musik gab es auch eine Tanzvorführung. Und an eben der habe ich mir fotografisch die Zähne ausgebissen. Ich habe kein Foto hinbekommen, das mich zufriedengstellt hätte. Die Ausgangsszene war zu schwierig: Vier bunte Scheinwerfer auf die erhöhte Bühne (auf einem landwirtschaftlichen Anhänger) gerichtet, wenig Licht in der Halle und kein einziger auf den Tanzboden gerichteter Scheinwerfer. Die ersten Fotos habe ich gegen 21.30 Uhr gemacht, als es noch ein bisschen funzeliges Tageslicht gab, das durch die geöffneten Hallentore strömte, nur leider nicht bis zum Tanzboden. Und je weiter der Abend fortschritt, desto mehr versank die Tanzfläche im Dunkeln. Auf der wurde flott getanzt, mit sehr flinken Fußbewegungen. Tempo und Dunkelheit – ein nicht auflösbarer Foto-Konflikt.

Klar, ein ordentliches, scharfes Foto habe ich zu bieten. Aber was für eins. Totgeblitzt. Die ganze Atmosphäre weg. Keine Spur von Stimmung im Bild. So werden Partyfotos, wenn sie geblitzt werden. Klarer Fall von Das-war-nichts. So sieht das dann aus.

Die irische Tanzgruppe Celtic Dance.
Totgeblitzt: Der Auftritt der irischen Tanzgruppe Celtic Dance: Iso 400, 1/60, Blende 3.5

Versuch Nummer 2, zu möglichst früher Abendstunde mit Resttagelicht, habe ich erst mit 400, dann mit 800 und dann mit 1600 Asa versucht. Da war es aber doch schon viel zu dunkel. Das Ergebnis sind Geisterfüße oder schlimmste Bewegungsunschärfe.

Iso 400, 1,00, Blende 4
Iso 400, 1,00, Blende 4
Iso 1600, 1/6, Blende 3,5
Iso 1600, 1/6, Blende 3.5

Versuch Nummer 3 ist meine Wenn-gar-nichts-mehr-geht-Einstellung an der Kamera. Die Puristen werden sich jetzt schütteln, aber im Notfall geht noch die Variante „Nachtporträt“ als Programmeinstellung an der Kamera. Das heißt Blitz-Langzeitsynchronisation, um die Atmosphäre nicht zu zerstören. Funktioniert oft ganz gut, in diesem Fall waren die Bewegungen der Tänzerinnen aber einfach zu schnell für dieses Programm. Und obendrein knallte von hinten noch das Tages- und Lampenlicht ins Bild. Wieder ein Fehlschuss.

Iso 400, 0,60, Blende 3.5
Iso 400, 0,60, Blende 3.5

Ich habe mich schließlich geschlagen gegeben. Es gibt kein Foto, das so aussieht, wie ich es mir vorgestellt habe. Deshalb kommt hier die Frage an die Profis: Kennt Ihr einen Trick, wie sich bei diesem Licht und den schnellen Bewegungen ein vernünftiges, nicht totgeblitztes Foto machen lässt? Ich bin mit meinem Latein am Ende und nehme gern Expertenrat entgegen.

Nachtrag:

Nach dem Posten des Artikels bei Facebook und Twitter gingen die ersten Reaktionen ein.
Facebook:

Michèle Legrand: Das Problem habe ich bei Modenschauen mit Tanzchoreographien ebenfalls. Habe inzwischen diverse Fotografen dazu befragt. Selbst bei hochwertigster Ausrüstung ist da nicht viel zu machen. Blitz geht bei genügend Abstand, wenn gleichzeitig noch irgendwo Raumlicht existiert. Dann entstehen nicht diese extremen Geisterbilde. Alles andere mit längerer Belichtung verursacht immer Bewegungsunschärfe. Bei einer Show im Flughafen Terminal 2012 mit miesem Licht hat kein Fotograf wirklich fotografiert …(wohlwissend).
Paula Ramm Photoshop…ich denke es müsste über die Entwicklung gesteuert weden. Vll auch ein weniger starker oder indiirekter Blitz
Marcus Bernert Ist schwierig…Gerade für Pressefotos. Ich reiss bei solchen Situationen ganz unbekümmert die ISO auf, Blitz aus, F2.8, 1/50 sec, paar mal draufhalten und Daumen drücken, dass ein gutes Foto bei rauskommt. Bei meiner Cam (EOS 5D MK2) kann ich mit der ISO bis 2000 gehen, ohne dass das Bild groß rauscht. Meistens geh ich aber bis 6400 hoch, durch das Skalieren des Bildes ist dann auch kein Rauschen zu sehen (Ok, bei rotem Licht sieht man’s schon). Hoffe, dass ich helfen konnte!
Twitter:

3 Kommentare

  1. Eine schwierige Lichtsituation. Ich denke, dass Du hier ohne zusätzliche Lichtquellen nicht auskommst.

    Nehmen wir z.B. mal das 3. Bild: Blende 3,5, 1/6s, ISO 1600. Selbst wenn Du mit der ISO auf 6400 raufgehen würdest und dafür eventuell Bildrauschen in Kauf nehmen würdest, kämen wir nur auf eine Belichtungszeit von 1/30s. Auch dies ist noch viel zu lang, um die schnellen Bewegungen einzufrieren.

    Eine lichtstärkeres Objektiv würde das Problem hier auch nicht lösen. Eine ganze Blendenstufe mehr Licht bedeutet eine Halbierung der Belichtungszeit. Also hier hätten wir dann mit Blende f2.4 eine Zeit von 1/60s Sekunde. Auch noch zu lang. Ausserdem wäre die Schärfentiefe geringer, so dass wahrscheinlich nicht mehr alle Personen von vorne bis hinten scharf abgebildet werden.

    Ich hätte versucht, das Problem durch Blitzen zu lösen. Allerdings den Blitz nicht auf der Kamera montiert sondern ihn entfesselt etwas seitlich von oben neben der Bühne positioniert und ihn drahtlos ausgelöst. Dies wäre entweder mit einem Lampenstativ gegangen oder ich hätte eine zweite Person gebeten, den Blitz zu halten.

  2. Hallo… es gibt verschiedene Möglichkeiten, je nach Ausrüstung… das einfachste wäre natürlich die Empfindlichkeit richtig hochzuschrauben, wobei bei einer doch recht gut beleuchteten Halle Iso 25.600 schon reichen sollte… moderne Kameras gehen bis Iso 204.800, da würde eine Kerze in dieser Halle genug Licht liefern… alternativ dazu bietet sich ein lichtstarkes Objektiv an… eine Festbrennweite, die sind durch nichts zu ersetzen, z.B. wie das 24mm f1,4 von Nikon… da kann man dann ruhig noch zwei Blenden abblenden um genug Tiefenschärfe zu bekommen, was aber bei einem 24er Objektiv nie so das Problem ist… zuletzt bietet sich die Hallendecke an… die sieht nach hellem Wellblech aus, an sich perfekt, weil es das Licht gut reflektiert und streut, und scheint auch nicht sehr hoch zu sein, vier, fünf Meter ??? Also Reflektor nach oben, und um Stimmung ins Bild zu bekommen gut eine Blende unterbelichten, evtl auch 1 2/3 Blenden, dann sollte das Scheinwerferlicht auch noch gut zur Geltung kommen…

    1. Vielen Dank für die ausführlichen Tipps. Leider reicht meine Ausrüstung nicht ganz dafür aus, damit muss ich leben. Den Versuch, an die Hallendecke – kein Flachdach, sondern Schrägen – zu blitzen, habe ich unternommen, hat nicht viel gebracht. Ich habe hinterher kräftig mit dem Veranstalter geschimpft, warum sie nicht wenigstens einen Scheinwerfer auf die Tanzfläche richten konnten. Die hatten aber schon genug Probleme, die Band zu beleuchten, weil dafür extra eine Holzkonstruktion unter das Hallendach montiert werden musste.
      Ich hätte gern an diesem Abend einen Fotografenwettbewerb ausgerufen. Nun ist die Chance leider vorbei.

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