„Gymnasium ist teuer“

Elternabend, Gymnasium, 7. Klasse. Als die Eltern nach dem Ende aus dem Klassenraum gehen, wissen sie: Es ist mal wieder an der Zeit, das Portemonnaie zu zücken. Außerdem empfiehlt es sich, Reserven anzulegen. Es kommt noch die eine oder andere Zahlungsaufforderung. „Gymnasium ist teuer“, hat der Klassenlehrer mit trockenem Humor bemerkt und sich die großen Grausamkeiten bis zum Schluss aufgespart.

Es fängt alles ganz harmlos an. Ein Elternbeirat wird gewählt, eine Fachlehrerin und ein Fachlehrer stellen vor, was in diesem Schuljahr dran kommt und wie viele Arbeiten und Tests geschrieben werden, und dann beginnt der Klassenlehrer seine Liste abzuarbeiten. Er kündigt an, in Deutsch sei noch ein Jugendbuch zu kaufen und ein Arbeitsbuch, „kostet so bei 15 Euro“. Na gut, das geht ja noch, wir haben ja in diesem Schuljahr erst ein Übungsbuch für Französisch für 9,25 Euro gekauft und schon mal für einen Taschenrechner 19,50 Euro hingeblättert – er könne schließlich nicht für 28 verschiedene Taschenrechner die einzelnen Schritte erklären, hatte der Mathelehrer verkündet. Dass bei uns zu Hause noch drei Werbetaschenrechner für lau herumliegen, zählt da nicht. Es muss halt ein bestimmtes Modell her.

Die Liste der Grausamkeiten ist aber längst noch nicht zu Ende. „Ich komme noch zur Klassenfahrt, das wird noch teurer“, hatte der Klassenlehrer schon mal vorgewarnt. Bevor er uns aber den Reisepreis beibringt, zeigt er uns noch ein kleines Gerät, einen Übersetzungscomputer, der in der nächsten Klasse anzuschaffen sei. Kostet 220 Euro. Sei aber notwendig und auch viel besser als ein Wörterbuch, wie man es früher benutzt habe, auch pädagogisch. Das führt er dann noch aus, aber so ganz erschließt sich das nicht. Die Erklärung erspare ich meinen Lesern mal.

Schließlich kommt das Thema Klassenfahrt. Ausführlich beschreibt der Lehrer, wo es hingehen soll, wie toll es da ist, was für wunderbare Angebote es gibt zwischen Floß bauen und Bogenschießen und Niedrigseilgarten. Der Termin steht schon fest, fünf Tage im August 2012, und das alles kostet – tatatata: nur 220 Euro. Zahlbar bis 1. Juli 2013. Wie, sei egal, es gehe auch in Raten. Na denn.

Grundsätzlich ist uns ja für unsere Kinder nichts zu teuer, und wir haben auch nur eines, da hält sich das in Grenzen. Ich frage mich nur, wie es Eltern mit mehreren Kindern geht. Und denen, die auf den Euro gucken müssen. Wo bleibt die viel beschworene Chancengleichheit. Können sich das Eltern aus den sogenannten bildungsferneren Schichten das alles überhaupt leisten? Oder müssen ihre Kinder schon wegen der Kosten auf den Besuch eines Gymnasiums verzichten? Dort wird offenbar vorausgesetzt, dass alle Eltern diese Ausgaben lässig bewältigen. Natürlich gibt es bei uns Lernmittelfreiheit, die Bücher werden gestellt. Ich weiß, wie es in meiner Kindheit war, als meine Eltern für uns vier Kinder jedes Schuljahr eine Großinvestition tätigen mussten, weil es eben keine Lernmittelfreiheit gab. Aber auch heute ist sie nur rudimentär vorhanden. Bei jedem Schuljahresbeginn kleckern die Zahlungsaufforderung und Buchbestellungen außer der Reihe ins Haus. Zahlen bitte!

Übrigens: Nicht nur Gymnasium ist teuer. Schule ist teuer. Die Sache mit dem Taschenrechner kommt auch in anderen Schularten vor, und auch Klassenfahrten gibt es da. Und wer das alles nicht bezahlen kann, kann einen Antrag stellen auf Ermäßigung und Unterstützung vom Amt. Spaß macht das bestimmt nicht.

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