Man breitet sich aus

Stehen wir alle neben uns? Wie sonst ist es zu erklären, dass seit einigen Jahren eine sprachliche Marotte um sich greift. „Man“ statt „ich“ oder „wir“.

Gerade heute morgen hat es Lasse Becker, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, im Morgenmagazin vorgemacht. „Man“ müsse jetzt handeln, „man“ müsse politisch so agieren, dass es bei den Menschen spürbar sei, „man“ müsse jetzt die . . . und so weiter und so fort. Warum sagt er nicht, dass die FDP all das tun muss?

Lasse Becker steht damit nicht alleine da. Wer genau hinhört, wird im Freundes- und Bekanntenkreis, in Politikerreden, ja, sogar in Pressemeldungen und Leserbriefen, in O-Tönen im Fernsehen und bei Umfragen immer dieses „man“ statt „ich“ oder „wir“ finden. Wo es herkommt? Ich weiß es nicht, kann mir aber vorstellen, dass in diesem Fall das Französische schuld ist. In meiner Schwiegerfamilie dort spricht jeder von „on“, „man“, wenn er über sich spricht.

Leute, steht zu Euch. Sagt ich oder wir, wenn Ihr ich oder wir meint. Und selbst wenn andere gemeint sind, ist es immer besser, genau zu bezeichnen, wenn der Redner oder Schreiber tatsächlich meint.

Wer ist man? Etwas völlig Unpersönliches. Ein unbestimmtes Personalpronomen halt, mit dem ich keine bestimmte Aussage machen kann. Da bleibt alles im Ungefähren.


Mehr Sprachmarotten gibt es hier:

http://www.rhetorik.ch/Aktuell/worthuelsen/11_2004.pdf

Über die FDP, ihre Sprache und die Art, wie sie sich als Marke verkauft, besser: nicht verkauft, hat Ralf Schwartz nachgesonnen:

http://www.werbeblogger.de/2011/09/06/die-fdp-versteht-von-politik-ebensowenig-wie-von-markentechnik/

 

3 Kommentare

  1. Ich mag „man“ auch nicht, obwohl ich es ab und zu verwende. Wenn ich merke, das nimmt überhand bei meinen Blog-Artikeln, dann ersetze ich es lieber durch „du“. Da ist persönlicher.

  2. Das ist doch aber keine neue Marotte. Gegen dieses unpersönliche „man“ kämpfen Psychologen in allen Therapien schon immer an. Ich hab so überhaupt erst mal gemerkt, daß ich es auch benutzt hab. Vor allem hab ich gemerkt, wie ich es benutzt habe: Wenn es unangenehm wurde, habe ich mich, meine Gefühle, mein Leben, Tun… damit ganz weit weg geschoben. Das schmerzte weniger.

    Aber mit diesem „man“ ist ein Arbeiten nicht möglich. Auch das hab ich gelernt.
    Ich trete diesem „man“ inzwischen offen gegenüber und frage nach, wer das ist.

    1. Nun, neu ist es vielleicht nicht, aber es breitet sich sehr in den allgemeinen Sprachgebrauch aus. Das fällt mir jedenfalls aus. Therapien sind ja eine besondere Situation, in der Patienten sicher gern sich selber ausweichen. Aber in der normalen Konversation ist es doch bisher nicht so üblich gewesen.

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