Die gepanschte Sprache

Wein panscht man nicht. Sprache auch nicht. Doch die Sprachpanscher sind mitten unter uns. Sie blähen, zerrupfen, versubstantivieren Wörter. Jenseits der Denglisch-Debatte macht sich eine Sprachschluderei breit, die wie gepanschter Wein Kopfschmerzen bereitet. Von dieser Schluderei sind auch die befallen, die es besser wissen müssten – womit nicht nur, aber auch wir Journalisten gemeint sind.

Während der Verein Deutsche Sprache mit warnend erhobenem Zeigefinger den „genokulturellen Code“ beschwört und den Globalisierungsdruck (!) auf die deutsche Sprache beklagt, blasen Bürokraten ihre Texte mit Ausdrücken wie Fragestellung, Räumlichkeiten, Kostenpflichtigkeit oder Vorrangigkeit auf. Nicht besser sind die oft verpönten Ung-Wörter, die obendrein noch Platz für manchen Irrtum lassen. Siehe Beinhaltung, was nichts mit den Haltungsnoten einer Turnerin zu tun hat, sondern mit dem Inhalt einer Sache, sprich der Be-Inhaltung.

Wer aufmerksam öffentlich verlautete Texte liest, wird auf noch viel mehr Ungereimtheiten stoßen. Dass es Verkehr (den auf der Straße) und Geld nicht in der Mehrzahl gibt, hat sich bisher kaum herumgesprochen. Wie auch, wenn es doch jeder Zweite ausspricht. Die Bedarfe haben mittlerweile breiten Raum erobert. Ein besonders schönes Beispiel verquaster Sprache kam jüngst aus einer Verwaltung: „Es gab Beschwerden seitens der Anwohnerschaft, dass die Fahrzeugführer die Straße mit überhöhter Geschwindigkeit befahren würden.“

Wer im Bekannten nicht genug Ung-Wörter und -kratien findet, wildert gern im Speziellen. Wie jener Journalist, der afrikanische Potentaten, die die Entwicklungshilfe in Rolls-Royce und Porsches für den eigenen Fuhrpark umsetzen, Kleptokraten nannte. Früher hießen solche Leute schlicht Plünderer.

Recht hat der Dichter Reiner Kunze, der das „verheerte Terrain“ der deutschen Sprachlandschaft beklagt. Lasst es uns wieder aufforsten mit schlichter, guter Sprache. Weg mit den Problematiken, den Feierlichkeiten und Verstetigungsphasen.

Und nun noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich ärgere mich über Sprachschluderei, Sprachpanscherei und Sprachmätzchen. Wenn ich einen fremden Text durchforste, ist er hinterher oft nur noch halb so lang. Aber ich benutze und lebe gut mit Wörtern wie Handy, downloaden oder auch Jobcenter. Mir geht es um schlichte, lesbare, um knackige Sprache. Und wie schön griffig ist doch das deutsche Wort Handy gegenüber dem französischen Telephone mobile. Ich erhebe nicht den Zeigefinger, auch wenn es so klingt, ich will mir nur nicht Hirn und Zunge verknoten wie Sätzen wie dem oben wiedergegebenen.

Hier die Leitsätze des Vereins Deutsche Sprache:

www.rosentreters.de/dokumente/sprachpolitische_argumente.pdf

Alljährlich kürt der Verein den Sprachpanscher des Jahres. Das bringt ihm die Kritik von Anatol Stefanowitsch ein:

www.scilogs.de/wblogs/blog/sprachlog/sprachkritik/2011-05-28/die-sprachpanscher-schlagen-zur-ck

Unter dem Titel „Achtung, Behördendeutsch-Alarm!“ hat sich Juliane Topka (Sprachpingel) dem Thema gewidmet:

http://www.sprachpingel.de/allgemein/achtung-behordendeutsch-alarm

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