Fru Öttenpötter vertellt: Bohren fürs schnelle Internet

Bei uns auf dem Land ist es in der Regel ruhig. Sehr ruhig. Diese Stille wurde heute morgen durchbrochen von schnarrenden und brummenden Geräuschen. Der Grund: Es wird wieder ein Stückchen schnelles Internet verlegt. Im Jahr 2018!

Wir selbst haben das Glück, seit einem Jahr Glasfaser im Haus liegen zu haben. Es war ein langer Kampf und ein sehr langes Warten, bis aus Dorf-DSL endlich ein akzeptables Angebot wurde. Wir sind nicht mehr abgehängt vom WWW, sondern mittendrin. Aber es ist nicht alles gut. Denn knappe 100 Meter hinter unserem Haus endet das Glasfaserkabel.

Wir in unserer Splittersiedlung sind die Letzten, die noch angeschlossen wurden, danach wurde das Kabel nicht weitergeführt. Alle, die im nächsten Dorf wohnen, gucken bis heute in die Röhre. Dort gibt es noch Haushalte, die Internet per ISDN empfangen. Einzige Lösung ist für viele eine Satellitenschüssel.

Keine Abzweigung

Als dann das Glasfaserkabel erst angeboten und dann tatsächlich verlegt wurde, hieß es plötzlich, man könne nur die anschließen, die an den Hauptverbindungen von einem Ort zum anderen liegen. Alle, zu denen die Straßen von diesen Hauptlinien abzweigen, könne man nicht anschließen. Viel zu weit, viel zu teuer, es sei denn, die Gemeinde zahle dafür.

Sie zahlt. Und jetzt, ein Jahr, nachdem die anderen im Dorf ihren Glasfaseranschluss bekommen haben, wird weiter gebuddelt. Warum dauert das so lange? Warum stellt man den Landbewohnern so große Geduldsproben? Im Nachbarkreis geht’s auch nicht weiter. Dort sind die Aufträge vergeben, aber die Baufirmen haben keine Kapazitäten, keine Leute, keine Zeit. Deshalb ruhen die Arbeiten. Und die Menschen werden immer ungeduldiger.

Milchkannen und 5G

Dafür wissen wir jetzt dank Bundesbildungsministerin Anja Karlicek, dass wir nicht auf 5G hoffen dürfen, weil das nicht an jeder Milchkanne verfügbar sein muss. Wann war die Frau zuletzt auf dem Land. Hat sie dort Milchkannen gesehen? Wohl kaum. Abgesehen davon, dass es auf den Dörfern gar keine Milchkannen mehr gibt, ist ihre Aussage der blanke Hohn. Aber wer braucht schon schnelles Mobilfunknetz, wenn er nicht mal schnelles Internet hat? Sollen die doch weiter trommeln auf dem Land.

Übrigens: Von 4G träumen wir hier auch noch. Wenn ich per Smartphone meine Mails abrufen möchte, erscheint auf dem Display ein verschämtes „E“ und die Eieruhr dreht 20 Minuten lang, ohne dass etwas passiert. Es ist zum Mäuse melken (aber die Milch bitte nicht in die Milchkanne kippen).

Fru Öttenpötter berichtet hier in unregelmäßigen Abständen über das Leben auf dem Lande.

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