Fru Öttenpötter vertellt: abäppeln

Bollensammler und Elektrokarre: Geräte zum Abäppeln

„De Düvel schiet immer op den gröttsten Hupen“ heißt es auf Plattdeutsch. Wie schön wäre es, wenn Pferde Düvel wären. Dann gingen sie zum Misthaufen und schissen direkt darauf. Pferde sind aber alles andere als Düvel, sondern liebenswerte Geschöpfe. Wenn sie nicht scheißen. Für sie gilt eher das Sprichwort „Wie’s fällt, so bollert’s“. Deshalb heißt die Maxime: abäppeln.

Klingt für Nicht-Pferdeleute erst einmal kryptisch. Sprachlich ist die Volte ganz einfach: Pferdeäpfel, umgangssprachlich Äppel, müssen eingesammelt, auf Paddocks oder in Reithallen also abgeäppelt werden. In der Halle ist das einfach: Das Pferd äppelt, einer der Zuschauer geht mit dem Bollensammler, auch Mistboy oder Äppelboy genannt, los und sammelt die Äpfel wieder ein. Das war früher unüblich, führte aber dazu, dass Reithallen schon aus großer Entfernung zu riechen waren und Pferde und Reiter Atemwegsprobleme bekamen.

Abäppeln auf dem Paddock ist schon eine ganz andere Nummer. Da Pferde nicht stubenrein zu bekommen sind und das mit dem gröttsten Hupen auch nicht funktioniert, ist der Kreislauf immer gleich. Vorne rein, hinten raus, egal, wo sie gerade stehen oder gehen. Als Einsteller eines Reitpferdes im Pensions- und Ausbildungsstall „Der Diekhof“ von Torsten und Andrea Mönninghoff müssen wir alle vier Wochen – das geht reihum – abäppeln. Erst bei den Stuten, dann bei den Wallachen, bei den Zwergen (Minishettys) und bei den Hengsten. Jeder Äppelhaufen muss mittels Bollensammler, einer Kombination aus viereckiger Schaufel mit Griff und kleiner Harke, aufgenommen und in die Karre geworfen werden. Von dort wandert die Schiete auf den Misthaufen.

Das geht aufs Kreuz und auf die Arme. Die Menge der Pferde macht die Menge der Äppel, und die ist nicht ohne. Der erfahrene Abäppler kennt zudem die Tücken des Wetters bei dieser Arbeit. Bei Regen wird die Scheiße scheißschwer. Bei Dauerregen versinken die Äppel im Schlamm, müssen gar aus Pfützen gepult werden. Bei Frost frieren die feuchten Äppel fest und müssen mühsam los gekratzt werden. Im Sommer brennt einem die Sonne auf den Pelz, dafür sind die Äppel nach einer gewissen Trocknungszeit schön leicht.

Entscheidend ist auch die Größe von Pferden und Pferdeäpfeln. Die Minishettys scheißen Karnickelköttel, alles halb so wild. Unser Pferd, ein Holsteiner Wallach, ist in Wahrheit ein verkappter Elefant, jedenfalls nach der Größe seiner Haufen zu urteilen.

Also, um es nochmal auf den Punkt zu bringen: Pferdesport heißt nicht nur reiten, sondern abäppeln, das kräftig die Armmuskulatur, lässt den Schrittzähler rotieren, geht aber mächtig aufs Kreuz. Deshalb nennen es manche Pferdeleute „Crazy Shit Workout“. Es soll sogar Menschen geben, die meinen, das Abäppeln entspanne. Diesen Effekt habe ich noch nicht spüren können.

Es gibt übrigens viele Namen für diese alles andere als entspannende Tätigkeit. Absammeln klingt aber nur halb so lustig, und auch die Alternative „Rossknödel aufnehmen“ wird sich bei mir nicht durchsetzen. Aber über eines wären ich und alle Abäppler dieser Welt sehr froh: wenn das mit dem Düvel und dem gröttsten Hupen doch noch klappen würde. Vor allem die Profi-Abäppler, die das täglich machen müssen, würden jubeln.

Fru Öttenpötter berichtet hier jetzt regelmäßig mit mehr oder weniger langen Abständen über das Leben auf dem Lande.

Merken

Merken

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert